Seite:De DZfG 1889 01 446.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

entnehmen. Er liefert (S. 180) den sehr interessanten Nachweis, dass in Köln bis zum 12. Jahrhundert die Gemeindemitgliedschaft von den Sondergemeinden (welche eine Analogiebildung nach der Landgemeinde sind) verliehen wurde, dass die Verleihung seitdem jedoch durch die Richerzeche (das Organ der Gesammtgemeinde) geschah. Erbt die Richerzeche diese wichtige Competenz also von der Gilde? Kruse bemerkt ferner sehr treffend (S. 194), dass zwischen den Organen der Sondergemeinden und denen der Gesammtgemeinde (Bürgermeister und Richerzeche) ein genauer Parallelismus[1] besteht (S. 194) und setzt in schlagender Weise gegen Liesegang auseinander[2], dass die Competenz der ersteren durchaus gewöhnliche (Land-) Gemeindecompetenz ist (S. 201 ff.). Was aber kann die Competenz der Bürgermeister und der Richerzeche anderes sein, wenn sie den Organen der Sondergemeinden „genau parallel“ sind? Hiernach darf es als erwiesen gelten, dass die Competenz der Kölner Communalorgane[3] Bürgermeister und Richerzeche kein Erbtheil irgend einer Gilde, sondern

  1. Kruse (Seite 201) erklärt diesen Parallelismus ohne Weiteres für „uralt“. Die Frage, ob denn überhaupt eine Gesammtgemeinde in Köln von jeher bestanden hat, beunruhigt ihn nicht, trotzdem er selbst constatirt, dass es in Köln bis zum 12. Jahrhundert nur ein Bürgerrecht der Sondergemeinden gegeben hat. Dass der Parallelismus durch Nachahmung hervorgebracht worden ist, erklärt er S. 194 für „schwer denkbar“, hat aber S. 202 gar kein Bedenken, den Ursprung einer ähnlichen Gleichförmigkeit in „äusserlicher Nachahmung“ zu sehen.
  2. Kruse führt diesen Beweis, obwohl er sich dessen nicht bewusst ist. Er erklärt das Burgericht der Kölner Sondergemeinden für „ein“ genossenschaftlich-autonomes. Es ist aber nicht ein beliebiges Corporationsgericht, sondern ein ganz bestimmtes, nämlich das Gemeindegericht. S. 208 bemerkt er, dass das Burgericht der Kölner Sondergemeinden ein Gerichtswedde von 5 Schillingen hat, welches „einem genossenschaftlich, autonomen Gerichte wohl hat zustehen können“. Auf das bequeme „wohl“ hätte sich Kruse nicht beschränken sollen. Es wären Gemeindegerichte anzuführen gewesen, welche denselben Satz haben.
  3. In Kruse’s Darstellung werden Bürgermeister und Richerzeche schon deutlicher als Communalorgane aufgefasst als in manchen anderen Darstellungen der Kölner Verfassung. Doch liegt auch seinen Bemerkungen noch oft die irrige Vorstellung zu Grunde, als ob sie neben der Gemeinde ständen. So setzt er S. 184 Schöffen und Rat als „Stadtobrigkeit“ den Bürgermeistern und der Richerzeche entgegen! Ferner sollen (S. 182) die Bürgermeister gewisse Befugnisse zu „eigenem Recht“ besitzen! Vergl. auch die sonderbare Bemerkung S. 178 über „Stadtrecht“. Wie Kruse selbst hervorhebt, tagt die Richerzeche im Bürgerhause (S. 176; als die Schöffen noch Communalorgan waren, tagten sie darin: Lac. I., 366) und führt das Stadtsiegel (S. 177); damit aber erweist sie sich als reines Communalorgan.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 446. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_01_446.jpg&oldid=- (Version vom 20.11.2022)