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Germ. SS. XXVIII, 87, n. 12), diente nicht dem Geiz, sondern grossartigen Zwecken; sein Bankgeschäft wäre den Mönchen auch dann als Greuel erschienen, wenn es bloss rechtlich der auch sie treffenden Landesbesteuerung durch Krone und Curie gedient hätte. Wenn es zweifellos in bösen Wucher ausartete (vergl. Grosseteste ed. Luard 33. 36), so muss zum Urtheil darüber das damals in England beginnende Treiben der Toscaner Wechsler verglichen werden. Ebenso erhielten die Beamten für Vollzug der Amtspflicht überall Geschenke; schuldig könnte Richard erst dann gesprochen werden, wenn er Bestechung für ungerechte Amtshandlungen genommen hätte. Die Glaubenseiferer verübelten ihm z. B. die Anwaltschaft für verklagte Juden. Freilich übernahm er sie aus Gewinnsucht – wiewohl nicht ohne einen Zug von milder und vielleicht selbst aufgeklärter Gesinnung —, aber was sind die Anklagen? Die alten Lügen vom Mord eines Christenkindes u. dergl.! – Ueberall müssen die einzelnen Nachrichten des Matheus Paris im Lichte der allgemeinen Anschauung über ihn verwerthet werden: er schöpft theilweise aus bester Quelle (von Richard selbst: SS. XXVIII, p. 82 f!), theilweise aus wirren Gerüchten, kannegiessert (mit offenbarer politischer Anlage!), liebt Scandal und Anekdote. Wohl erfindet und lügt er nie, besitzt Scharfsinn, Gelehrsamkeit und weltliche Erfahrung, versteht und bewundert politische Grösse, er liebt sein Land, Volk und Königthum; aber sein Urtheil wird befangen, wo der Nutzen des Klosters in Frage kommt: wenn Krone und Curie Geld den „Armen“, d. h. auch St. Albans, entziehen, so denkt er nicht an die Zwecke, die er meist selbst billigt, sondern begeifert jene und ihre Gehilfen mit blindester Wuth. Wohl vertritt er darin meist die Volksstimmung; diese aber soll man als damalige Macht vermerken, nicht heute als Richterin verehren.

Zur Königswahl Richard’s hat Koch die mannigfachen Streitpunkte fleissig in der Literatur nachgelesen und besonnen geprüft, ohne gerade durch neue Stützen sein Ergebniss sicher zu stellen. Er hält die Ansicht von Richard’s Candidatur schon für 1247 fest, schiebt die Initiative 1256 nicht Avesnes, sondern Heinrich III. und Richard zu: der erste Antrag sei nicht an Mainz gegangen, sondern Köln habe, mit Pfalz schon einig, in Prag Ottokar für Richard gewinnen wollen, wie Böhmen denn auch die Vollendung der castilischen Wahl in Frankfurt hinderte. Die französischen Umtriebe, die Heinrich III. (im Briefe an Bonquer, den Koch [mit Ficker Reg. imp. V, 5287] zum 27. März ansetzt), und die Doppelwahl, die die rheinischen Städte fürchteten, beträfen noch nicht Alfons’ oder Conradin’s Candidatur. Nachzutragen wären viele Einzelheiten[1], im Ganzen aber

  1. Schon die Mon. Germ. SS. XXVII f. (den XXVIII konnte Koch noch
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 465. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_01_465.jpg&oldid=- (Version vom 12.11.2022)