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viel später beim Kurfürsten von Sachsen zu thun haben werde? feststellen zu wollen auf Grund von Informationen, welche in den Frühsommer oder gar in den Frühling 1523 zurück reichten?

Das historische Interesse des Vorganges beschränkt sich aber nicht darauf, einen lehrreichen Beitrag zur Charakteristik der kaiserlichen Politik zu liefern, er wirft vornehmlich ein scharfes Licht auf die damalige Regierung Ferdinand’s. Es müssen doch am kaiserlichen Hofe sehr bedenkliche und gewichtige Nachrichten über die Zustände in Ferdinand’s Ländern eingelaufen sein. Hätten der Kaiser und seine vornehmsten Räthe nicht die Ueberzeugung gewonnen, dass da in der That eine recht ernste Gefahr drohe, so wäre die seltsame Werbung an den Kurfürsten von Sachsen vollkommen unbegreiflich. So wäre aber auch die ganze Bevollmächtigung Hannart’s unerklärlich. Der Kaiser konnte diesen Mann nur dann in solcher Weise gewissermassen seinem Bruder überordnen, wenn er von der Ansicht erfüllt war, Ferdinand’s Regierung bewege sich auf den übelsten Wegen, er sei in der Hand von Personen, denen ebensowenig die Leitung der Reichspolitik, als die Verwaltung der österreichischen Gebiete anvertraut werden könne. War es nun wirklich mit der damaligen Regierung Ferdinand’s so überaus schlimm bestellt? Uebte der vielgeschmähte Salamanca einen so höchst verderblichen Einfluss? Eigentlich wissen wir von diesen doch in der That keineswegs gleichgültigen Dingen so gut wie nichts. Auch der sonst so verdienstliche dritte Band von Huber’s österreichischer Geschichte lässt diese Verhältnisse in dem bisherigen Dunkel; er verweist auf die sehr dürftigen Notizen, welche ich in meiner Geschichte Karl’s V. geben konnte. Es wäre doch recht erwünscht, wenn sich österreichische Forscher mit dieser wichtigen Periode ihrer vaterländischen Geschichte eingehend beschäftigen und da dann auch die bis jetzt sehr räthselhafte Gestalt Salamanca’s in ein helleres Licht rücken möchten[1].

Leider müssen wir aber noch mehr sagen. Auch unsere Kenntniss der Regierung Karl’s V. steht in manchen Beziehungen noch in recht bescheidenen Anfängen. Als Lanz vor 36 Jahren seine Actenstücke und Briefe zur Geschichte Karl’s V. zu veröffentlichen

  1. Für denjenigen, welcher sich dieser dankbaren Aufgabe widmen wird, bemerke ich, dass sich im Stuttgarter Archive zwei reiche Convolute der Correspondenz Salamanca’s aus den Jahren 1524 u. 1529 befinden.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_02_015.jpg&oldid=- (Version vom 22.11.2022)