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und 62 S. (Leipz. Diss.) Erst Wilhelm von Malmesbury bezeugt, dass Aelfred den Orosius bearbeitete; die einmalige Erwähnung des Königs im Werke braucht an sich nicht von ihm selbst zu stammen; allein Plan, Sprache und Geist seien ausreichende Beweise, dass das Werk Aelfred gehöre. Aelfred liess etwa die Hälfte des Stoffes, den er auch übersichtlicher eintheilte, fort: nämlich mit Absicht das vielleicht moralisch Schädliche (Obscönes, Schande der Herrscher oder stammverwandter Völker, Bürgerkriege), die Polemik gegen das inzwischen erstorbene Heidenthum, die verwirrende Menge fremder Namen, die Beschreibung der entlegenen Länder und seiner Zeit unwichtigen Einzelheiten, besonders der vielen Kriege. Er fügt Erfahrungen (z. B. des Küstenanwohners) hinzu und neben vielen nur erklärenden oder moralisirenden Einschiebseln auch einiges sachlich Neue, namentlich die historisch wichtigen drei grossen Einschaltungen: Germanien, Ohthere und Wulfstan; einiges hiervon erläutert Schilling. In der Geschichte zeigt sich Aelfred in manchem Wichtigsten unwissend, nirgends dringt er verständnissvoll in das Wesen der Ereignisse ein oder überblickt ihren Zusammenhang. Häufig missversteht er das Latein gröblich, liest flüchtig und verwechselt ähnliche Namen. Deutlich aber spricht sich auch in diesem Werke aus: Aelfred’s sittlicher Ernst, Feldherrngabe (S. 46), kindlicher Sinn, Frömmigkeit, menschliches Mitgefühl, dichterisches Sinnen (S. 50), Verehrung für alles Grosse und Gute (so für kriegerische Heldenthat, hingebende Vaterlandsliebe, begeisternde Dichtung), Absicht sein Volk zu belehren und zu bessern. Die häufige Entstellung der Namen fällt vielleicht theilweise dem Schreiber, dem er dictirte, zur Last; dass ein Mensch mehrere Namen trage, war ihm noch fremdartig. Recht verschiedene Würdenträger bezeichnete er mit Consul, König, Ealdorman (S. 60); aus den von den Römern nach der kaudinischen Niederlage gestellten Geiseln machte er Leibeigene. Römische Maasse und Truppenkörper rechnete er nach anderweitiger Kenntniss in angelsächsische Begriffe um. – So ergibt Schilling’s Arbeit, die ja in der Hauptsache der Literaturgeschichte dient, für Einzelheiten der Zeit Aelfred’s zwar nichts Neues und für die allgemeinen Zustände wenig (hlafordhyldo, Unterthanentreue 44), aber für das Bild des grossen Herrschers mehrere bedeutende Züge.


Gustav Wack, Ueber das Verhältniss von König Aelfred’s Uebersetzung der „Cura pastoralis“ zum Original. Colb. 1889. 8°. IV und 58 S. Aelfred hat Gregor’s „Hirtenbuch“, das im Frankenreich (durch Raban und laut Hinkmar) damals viel benutzt ward, nachdem es ihm von Geistlichen vorübersetzt und erklärt

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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 464. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_02_464.jpg&oldid=- (Version vom 26.11.2022)