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Missbrauch [allein?] die Rechtsanschauung vom Obereigenthum des Königs an ihrem Besitz. [Aber schon den Leges Edwardi Cf. gilt die Kammerknechtschaft als altes Recht, ist wohl also aus der Normandie mitgebracht und begründet, nach German. Sklavenrecht, das freilich meist nicht ganz ausgeübte Recht des Herrn auf den Nachlass seines Unfreien. Und nach Dial. de Scaccario II, 10 gehört rechtlich der bewegliche Nachlass aller Juden dem Fiscus, nicht als Beschützter oder Fremder oder Besteuerter, sondern als Öffentlicher Wucherer „more Judaeorum“; dass der Nachlass auch christlicher Wucherer zum Exchequer floss, beweist Jacobs, Archl. R. II, 399 für 1171]. Doch passt kein damaliger oder heutiger Rechtsterminus für eine Classe auf die wirkliche Stellung der Juden. 1194 erliess Richard I. die Capitula de Judaeis; wahrscheinlich damals, sicher vor 1199, wurden Justitiare als Custodes Judaeorum eingesetzt. Diese (Vf. verzeichnet deren 45) sind die Hauptbeamten des Juden-Exchequer, je 2–5 hochgestellte Hofleute, (nur 1199 waren Juden darunter), die vor Schatzmeister und Baronen des Grossen Exchequer über die Kroneinkünfte aus jüdischer Quelle Rechnung legen. Unter den übrigen Beamten überwacht einer, meist ein Jude, das der Krone von Juden heimfallende Gut; hier sitzt auch der Oberrabbiner, eingeschworen „den königlichen Beamten zu berathen, die Gerechtsame des Königs[1] herauszudrücken“, der aber auch die von den Juden aufzubringende Steuer auf die einzelnen ausschreibt, für den König Gelder verwahrt (z. B. das den Flämischen Kaufleuten 1266 Confiscirte) und als Schiedsmann zwischen Juden und Fiscus dient. In den Provinzialstädten mussten die Juden (seit 1194) vor einer gemischten (und wenigstens später gewählten) Behörde ihre Schuldurkunden in mehreren Exemplaren aufnehmen lassen; deren eines wanderte in eine öffentliche Truhe, unter Verschluss jener Behörde, die ausserdem den Inhalt inrotulirte. Nur eine Schuld, deren Urkunde in jener Truhe lag, konnte eingeklagt werden; eine Quittung vom Juden galt nur, wenn sie dorch die Behörde ging. Im 13. Jh. wuchs die behördliche Aufsicht; fortan durften die Juden regelmässig nur wohnen und handeln in Städten, wo ein Zweig des Judenexchequer mit der Truhe bestand (Vf. zählt deren 26 auf); zu anderwärtigem Aufenthalt war königliche Sondererlaubniss nothwendig. Das Judenexchequer zog von Juden Geld und Gut unter mannichfachen Namen: ein Drittel vom Erbe, dann den wegen Verbrechen oder Erbenmangels heimgefallenen und willkürlich beschlagnahmten Grundbesitz, ferner Strafgelder, Gebühren, Concessionsbezahlungen, und das Wichtigste: beliebige Steuern, die Vf. auf etwa 6000 £, d. h. ein Zehntel der Gesammteinnahme Edward’s, jährlich schätzt. Deren Umlage geschah durch reiche Juden, die zur Execution helfen und für den Gesammteingang haften mussten. Wie scharf der Fiscus die Steuerschraube anziehen konnte, wusste er aus den manchmal in Westminster eingesehenen Schuldtruhen; dorther nahm er säumigen Steuerzahlern zunächst die Schuldscheine fort,

  1. So ist m. E. S. 193 „ad justitiam regis consulendum et iura regis exprimendum“ zu verstehen, nicht „to look after justice and to explain the king’s laws.“
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1890, Seite 201. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_03_201.jpg&oldid=- (Version vom 4.1.2023)