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später in Kanzlei-, Admiralitäts- und Kriegsgericht herrschend ward, bestreitet Niemand. Dass die Schreiber Ags. Urkunden oder die Beamten der ersten Normannenkönige Römisches Recht studirten oder gar befolgten, geht daraus keineswegs hervor. Frucht brächte hier nur der Nachweis im Einzelnen, wieweit Römisches Recht in das staatliche Englands eindrang (s. DZG 2, 211). Gänzlich misslingt der Angriff auf Stubbs’ meisterhafte Ansicht von Heinrich II. [Fournier, Officialités au moyen âge, 1881, wird in England nicht benutzt.] Dass Roms canonisches Recht (also mit Appell an die Curie) im kirchlichen Gericht Englands namentlich seit dem 13. Jh. galt, dass kirchliche Heisssporne es als souverän behandelten, leugnet ebenfalls Niemand. Stubbs kann nur meinen, dass der Staat, wenn auch stillschweigend, das Recht behielt, die Geltungsgrenze der fremden Gewalt in England zu bestimmen, wie er es ja thatsächlich gegen Rom öfters übte. Dagegen ist (gegenüber dem allzu Anglicanischen *„Report of the commissioners appointed to inquire into the – – ecclesiast. courts“) D. L. zuzugeben, dass Roms Decretalen im inneren, den Staat nicht berührenden kirchlichen Leben Englands souverän (d. h. ohne nationale Bestätigung) galten, dass im Besondern Canterbury 1281 frühere Beschlüsse der Legaten nur wiederholen, nicht erst ratificiren durfte. Das Provinciale Lyndwood’s (unter Heinrich V.) galt als Privatsammlung aus bestehendem Recht, nicht als Codex, geschweige dass es Recht geschaffen hätte. – Henry Ch. Lea, A hist. of the Inquisition of the MA [vgl. DZG 2,232; 282. 3, 148] berührt nur nebenbei England, wo die Inquisition nie rechten Boden fand. Der Glaube an Ueberirdisches in unchristlicher Form blieb dem Volke auch hier, u. a. weil die Kirche nur unvollkommen Heidenthum und Beschwörungen überwunden hatte: Gregor I. liess Tempel und Feste nur äusserlich katholisiren, und Patrick’s „Lorica“ galt als Zauberschutz (III, 400). Angelsächs. Gesetze bestrafen zwar die Hexerei (413) und später sogar theilweise [doch wohl nur die angeblich todbringende] mit Tod (420), schweres Verbrechen mit Einziehung des Vermögens (I, 503; 523), die unfreie Diebin mit Verbrennung (235). Dennoch kommt im 12. Jahrh. nichts von verbrannten Ketzern oder Hexen vor. [Wilhelm’s I. Benutzung einer Zauberin gegen Ely (III, 420) ist Sage.] Heinrich II. bewies 1166 gegen Ketzer [doch keine grosse] Strenge, um seinen kirchlichen Gegnern keine Blösse zu geben (I, 114) und erliess zu Clarendon das (hier seit Roms Fall erste) weltliche Gesetz gegen Ketzer. Juristen stellten allerdings im 13. Jh. den Feuertod als Ketzerstrafe hin; allein er traf nur [1210 Jemanden und] 1222 einen Apostaten und blieb dem Common law noch fremd. Synoden verdammten zwar 1277, 1286, 1368 theologische Irrlehren, fanden aber wahrscheinlich Niemanden zu verurtheilen (I, 352). Auch die Zauberei verschwand aus dem Strafrecht über zwei Jahrhunderte (III, 427), bis der kirchliche Kyteler-Process 1325, da Zeugniss durch die Peitsche erpresst ward, mit Scheiterhaufen endete, während weltliches Gericht die der Zauberei Bezichtigten noch freisprach (458). Die päpstliche Inquisition hatte in der königl. Assise zwar ein Prototyp (I, 311); aber nur einmal, gegen die Templer, arbeitete sie in England durch ihre Tortur mit Erfolg; das Landrecht, dessen Strafprocess den Angeklagten schirmte (I, 447; 488),

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1890, Seite 212. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_03_212.jpg&oldid=- (Version vom 26.10.2022)