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Sache ist meines Erachtens höchst einfach. Wollte Thudichum aus dem Zusatze ein Verdachtsmoment herleiten, so wäre es seine Aufgabe gewesen, den stricten Beweis zu erbringen, dass ein Kölner Erzbischof im 14. Jahrhundert, welchem die vermeintliche Fälschung angehören soll, allen Grund hatte, die Zustimmung des Herzogs, welche im 12. ganz überflüssig gewesen sei, als höchst bedeutungsvoll zu schätzen. Das möchte bei der damaligen Ohnmacht des Sächsischen Herzogs nicht eben leicht sein.

4. Von gleich subjectiver Art ist das Bedenken, dass unter den Zubehörungen auch Bauernhöfe = curtes, und Leibeigene = mancipia hervorgehoben würden. Herrn Thudichum zu widerlegen, verweise ich auf zwei ähnliche Urkunden. Als Otto IV. im November 1211 einem Getreuen das Herzogthum Spoleto überträgt, da geschieht es tam in civitatibus, quam in castellis, villis, agris, pascuis, vineis, montibus etc[1]. Wie man sieht, umschreibt Otto den Umfang des Herzogthums noch durch viel geringere Kategorien als Bauernhöfe sind. Schon im Februar 1201 hatte derselbe Otto dem Erzbischofe Adolf von Köln bestätigt: que Philippus quondam Coloniensis archiepiescopus de ducatu quondam patris nostri – seu in ministerialibus aut in servis optinuerat[2]. Servi sind aber nichts anderes als mancipia[3].

5. Der Kaiser will den Erzbischof mit seinem neuen Herzogthume vexillo imperiali belehnt haben. Nach dem Wormser Concordate sollten die Geistlichen aber ihre Regalien per sceptrum empfangen, und noch ein Jahrhundert später heisst es im Sachsenspiegel : „Der Kaiser leihet alle geistlichen Fürsten-Lehen mit dem Scepter, alle weltlichen Fahnlehen leihet er mit Fahnen.“ In der Zwischenzeit meint Thudichum, hätte Friedrich I. nun schwerlich einen Geistlichen durch Fahne belehnt. Gewiss that

  1. Coll. stor. Marchigiana II, 69.
  2. Zuletzt nach dem Original bei Wilmans-Philippi, Die Kaiserurkk. der Provinz Westfalen II, 361 Nr. 258. Auch diese Urkunde mag Thudichum nicht als echt anerkennen; ebenso skeptisch verhält er sich gegen das entsprechende Diplom König Philipp’s vom 12. Januar 1205. Aber Thudichum’s Bedenken wurzeln offenbar nur in seiner Unkenntniss der Jahresanfänge: wenn er Böhmer-Ficker Reg. imp. V Nr. 90; 91; 94; 95; 96; 98; 102 verglichen hätte, würde er seine Zweifel nicht geäussert haben.
  3. Waitz, Verf.-G. V, 190 Anm. 1.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1890, Seite 329. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_03_329.jpg&oldid=- (Version vom 30.10.2022)