Seite:De DZfG 1890 03 370.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

unter Bischof Georg von Hohenlohe (1388–1423) wieder eröffnet werden. Martinus von Prag, der, wie wir gesehen haben, seit etwa 1380 in Baiern und Franken die Waldenserprocesse leitete, wird wohl in der gleichen Zeit mit seinem Collegen Petrus seine Thätigkeit auch in Oesterreich begonnen haben; den aus dem Inquisitionsarchive erhaltenen Actenstücken zufolge hat Petrus seit 1391 Untersuchungen gegen Oesterreichische Waldenser geführt, der Name des Martinus begegnet uns in den Acten des Jahres 1401, der des Petrus zuletzt im Jahre 1403. Von den Acten, welche die Oesterreichische Waldenserverfolgung dieser Zeit betreffen, und von denen sich noch zur Zeit des Flacius[1] drei starke Bände im Kloster Garsten erhalten hatten, sind leider nur spärliche Ueberreste auf uns gekommen; immerhin ermöglichen uns dieselben, ein Bild von dem allgemeinen Gang jener Inquisition zu gewinnen[2].

Im ganzen Verlauf der Untersuchung scheint die Stadt Steyer einen hauptsächlichen Mittelpunkt für dieselbe gebildet zu haben. Hier werden 1391 und 1398 Urtheile gefällt, um 1397 ff. Autodafés in grossem Style abgehalten; der Pfarrer von Steyer, der Benedictiner Friedrich, ist mehrfach zum Commissar der Inquisitoren bestellt; 1395 hat der Inquisitor Petrus hier seinen ständigen Wohnsitz, im nahegelegenen Benedictinerkloster Garsten hat er seine Grabstätte gefunden[3]. Auch die in den erhaltenen Inquisitionsurtheilen genannten Waldenser gehören mit einer einzigen Ausnahme Ober- und Niederösterreichischen Ortschaften aus der näheren Umgebung von Steyer an; es sind die folgenden: Dammbach und Schwamming bei Garsten, Grieglern bei Weistrach in Niederösterreich (zwischen Steyer und

  1. Catalogus testium veritatis (Fft. 1666) S. 852.
  2. Ein Theil der von mir im Folgenden benutzten ungedruckten Actenstücke war bereits Preger (Abhandlungen der Münchener Akad. Hist. Cl. XIII S. 230) aus clm. 5338 bekannt geworden; mir stand ausserdem clm. 22 373, vor allem aber eine reichhaltige Würzburger Handschrift, Cod. m. ch. f. 51, auf welche ich vor Jahren von Oberbibliothekar Dr. Kerler aufmerksam gemacht wurde, zu Gebote. Während des Druckes dieses Aufsatzes erschienen Döllinger’s Beiträge zur Sectengeschichte, in welchen ein Theil der Actenstücke aus einer der Münchener Handschriften veröffentlicht wird.
  3. Pritz, Geschichte der ehemaligen Benedictinerklöster Garsten und Gleink (Linz 1841) S. 32.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1890, Seite 370. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_03_370.jpg&oldid=- (Version vom 1.11.2022)