Seite:De DZfG 1890 03 378.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Auf die Verbreitung der Waldensischen Secte in Steiermark zu Ende des 14. Jahrhunderts weist das Erscheinen von drei Steiermärkern in der Liste der übergetretenen Waldensermeister hin. Ueber das gleichzeitige Einschreiten der Inquisition gegen die Steiermärkischen Waldenser werden wir durch eine von den Inquisitoren Petrus und Martinus am 27. Februar 1401 erlassene Sentenz unterrichtet[1]. Der Ort der Verhandlung ist Hartberg im nordöstlichen Steiermark, nahe der Ungarischen Grenze; wenige Wochen später haben die Inquisitoren, worüber wir früher berichteten, in Oedenburg über Ungarische Waldenser aus dem nahe der Steiermärkischen Grenze gelegenen Städtchen Günz zu Gericht gesessen. Auch in Steiermark war die Secte seit langer Zeit heimisch; die eine der 1401 Verurtheilten gehörte ihr seit fünfzig Jahren an, und auch ihre Mutter war schon Waldenserin gewesen[2]. Die ausserordentliche Strenge, mit welcher die Inquisitoren in Hartberg auftreten, lässt vermuthen, dass der Inquisition von 1401 bereits mehrere andere Verfolgungen vorausgegangen waren, und dass es damals galt, an den Rückfälligen abschreckende Beispiele zu statuiren.

Die sämmtlichen drei verurtheilten Waldenserinnen hatten im Januar des Jahres 1401 die Waldensischen Artikel abgeschworen, waren aber schon nach wenigen Tagen wieder als des Rückfalls und Meineids verdächtig eingezogen worden. Gegen die fünfzigjährige Wittwe Wendel Richter von Unterrohr bei Hartberg wurde diese Anklage damit begründet, dass sie bei ihrer ersten Vernehmung die Zugehörigkeit ihrer vier Kinder zur Secte in Abrede gestellt und dieselben angeblich zum Leugnen angestiftet hatte; des gleichen Vergehens wurde die Schwester der Vorgenannten, Els Porsteyner von Unterrohr, überführt, die überdies ihren Sohn zu falschen eidlichen Aussagen bezüglich seiner Zugehörigkeit zur Secte angehalten haben sollte. Die dritte Verurtheilte, Peters Reat von Stangendorf (Stangersdorf in der Pfarrei Lang südlich von Graz?)[3], hatte bei ihrer Vernehmung

  1. Beilage II Nr. 3.
  2. Nach dem Vermächtniss ihrer ketzerischen Mutter hatte die Waldenserin Wendel Richter der Secte die Summe von sechs Solidi zugewendet.
  3. Zur Zeit ihrer Processirung hat die Angeklagte offenbar ihren Wohnsitz in der Nähe von Hartberg gehabt; dem nach Hartberg citirten Dietlin Lehner räth sie im Kirchhofe zu Grafendorf (nordöstlich von Hartberg) ab, sich
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1890, Seite 378. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_03_378.jpg&oldid=- (Version vom 1.11.2022)