Seite:De DZfG 1890 04 026.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Mächte selber mit Krieg beschäftigt sind. Unter solchen Umständen muss der Kaiser seine Armee in die Lande der Reichsstände einlagern; denn dort kann er, während er selber nichts bezahlt, Jahre lang Quartiere und Unterhalt erzwingen. Die Armee muss so gross sein, dass sie die Erblande deckt und alle Gegner des Kaisers in Schrecken hält, zugleich aber sich so streng in der Defensive halten, dass sie nur im Nothfall sich der Gefahr einer Schlacht oder Belagerung aussetzt. Neue Feindschaft und Eifersucht darf der Kaiser im Reich nicht gegen sich hervorrufen; desshalb muss er auf Eroberungen daselbst verzichten, und desshalb ist sein Heer fast ganz („quasi tutti“) aus Lutherischen Ketzern zusammengesetzt. Der nächste Zweck, den er im Reich verfolgt, muss sich überhaupt darauf beschränken, die Stände desselben durch den Druck seines Heeres zur Vereinbarung des Friedens und zur Bezahlung der kaiserlichen Streitkräfte zu nöthigen: wenn dann aber das Reich wieder geeint, und die Erblande inzwischen gekräftigt sind, so kann der Kaiser seine Macht in einem zweiten Acte des Krieges auf die ausserdeutschen Feinde werfen.

Die Stärke der Armee, mit der Wallenstein im nächsten Jahr aufziehen sollte, wurde, wie der Berichterstatter noch beifügt, auf 70 000 Mann gesetzt. Ausserdem hob der Feldherr die Unmöglichkeit hervor, ganz Ungarn in das System der Vertheidigung der Erblande einzuziehen, weil alsdann ein Theil der Armee aus dem Reich in das Innere dieses Landes gezogen werden müsse, um gegen Siebenbürgen und die Türken Front zu machen. Er wies indess andere, geheim gebliebene Mittel zur defensiven und offensiven Kriegführung gegen die Türken und den Fürsten Betlen nach.

Zur Prüfung des Berichtes beginnen wir mit den von ihm angegebenen Ursachen der Conferenz. Zutreffend ist es[1], dass Wallenstein die Absicht des Rücktrittes vom Commando ausgesprochen

  1. W. an Harrach, Nov. 5. (Tadra S. 456.) Er beruft sich auf nähere Mittheilungen seines Oberstlieutenants St. Julian. Diesen St. Julian sendet W. bereits um den 9. Oct. an den kaiserl. Hof (Tadra S. 446). Wäre er von da ab ununterbrochen dort gewesen, so müsste der Auftrag bezüglich der Abdankung bis auf den 9. Oct. zurückreichen. Aber vermuthlich wurde er um den 5. Nov. (vgl. W.’s Schreiben vom 8. Nov. S. 457) von neuem abgeschickt.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1890, Seite 26. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_04_026.jpg&oldid=- (Version vom 3.12.2022)