Seite:De DZfG 1890 04 152.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

die bekannten Züge der argwöhnisch spähenden Schlauheit, der Habgier mit scheinbar legalen Kniffen, des ruhigen geschäftsmässigen Ernstes, der würdevollen Zurückhaltung, seien mehr Erzeugniss der politischen Stellung als angeboren. Der König als Mensch erscheint hier günstiger als in den meisten Darstellungen, und wird von manchem Verdacht befreit, so von dem, dass er Suffolk habe durch Curzon umlauern lassen. Freilich liebte er das Geld, jedoch nur als Mittel zur Macht des Königthums, das ja dem Staat Frieden und Sicherheit gewährleistete; die vielen Geldstrafen für Uebertretung, zum Theil veralteter Kronprärogative, befördern doch auch die Achtung vor dem Gesetze und dienen durch Befristung zur dauernden Warnung. Ganz unromantisch, hing Heinrich doch der Kirche aufrichtig an, lebte äusserlich fromm und wirkte für den Kreuzzug mit Wort und Geld, das er nur mit Recht dem Papste anzuvertrauen fürchtete; er liess ohne Antheil am Ertrage die Curie Englische Gelder sammeln. Bisweilen brach in seinem Wesen Humor und Witz, freundliche Rede und Gemüth hervor; die Königin hat er nicht etwa dauernd kalt behandelt. Gegen Aufrührer, z. B. in Cornwall, fast unpolitisch milde, werde er zu Bluturtheilen nur durch die Noth gezwungen. Weiter als sein Volk schaue dieser König, der doch an transatlantischen Entdeckungen Antheil bezeigte, besonders in der Friedenspolitik, die keine fremde Eroberung, auch nicht in Frankreich, beabsichtige, sondern durch Verbindung mit Schottland ein Grossbritannien anbahne, durch geschickte Diplomatie die Nachbarmächte sich verpflichte oder untereinander verhetze, damit England unabhängig und in Europa angesehen dastehe. Dass er zuletzt selbst Ferdinand überlistet habe, sei sicher, dass er ihn von der Regentschaft Castiliens verdrängen wollte, habe er ihn mindestens befürchten lassen. Im Bestreben nur genau Belegbares zu berichten, verzichtet Verf. darauf, die je nach Zweckmässigkeit wechselnde Politik auf bestimmte grossartige Gedanken zurückzuführen; ein idealer oder weltbewegender Genius war ja Heinrich nicht; doch klar verstand und emsig nützte er die gegebenen Verhältnisse zum nahliegenden Vortheil. – Neue Einzelheiten und genauere Daten bietet das Buch besonders im Anfang. Bei Heinrich’s Geburt war der Vater todt, die Mutter noch nicht 14 Jahre. 1468 war der Knabe von Lord Herbert, der ihn gefangen hielt, zum Schwiegersohn ersehen. Dass ihm 1470 Heinrich VI. die Krone prophezeite, sei unwahrscheinlich, da dessen Sohn noch lebte. Richard III. bot vergeblich dem Herzoge der Bretagne die Grafschaft Richmond für Auslieferung Heinrich’s; als er 1485 die diesem versprochene (und später vermählte) Elisabeth umwarb, gedachte Heinrich schon eine Braut in Wales zu suchen. Die Milde der Yorks

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1890, Seite 152. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_04_152.jpg&oldid=- (Version vom 6.12.2022)