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Geschichte die orientalischen Quellen, und zeigt grossen Fleiss und nicht oberflächliches Eindringen in die Quellen überhaupt. „Selbständigkeit der Forschung“ aber, deren sich Verf. besonders rühmt, ist bei einem wissenschaftlichen Werke heutigen Tages doch wohl selbstverständlich. In der neueren Literatur ist Verf. nicht immer ganz zu Hause. Es bezieht sich diese Bemerkung besonders auf Justin’s Bauten, seine gesetzgeberische Thätigkeit und einige Schriftsteller, z. B. Zonaras, Konstantinos Porphyrogennetos; doch rechne ich ihm diesen Mangel nicht hoch an, da Jedermann, der je in der Byzantinischen Geschichte gearbeitet hat, weiss, wie schwer es oft wird, die betreffende Literatur zusammen zu bringen. Auf der anderen Seite finde ich seine Ausführungen über die Geschichte der Langobarden und Avaren, die vielfach gegen Ranke gerichtet sind, nicht bloss neu, sondern auch beachtenswerth, und der Nachweis, dass Narses kein Verräther gewesen, was bekanntlich schon Finlay im Widerspruche mit den Deutschen Forschern behauptete, scheint mir auf Grund des Joannes von Ephesos erbracht. Manchmal freilich geht Groh in seinen Vermuthungen auch wieder zu weit und seine Polemik könnte etwas milder sein. Für Einzelnes verweise ich auf meinen Aufsatz: Beiträge zur hist. Krit. des Leon Diak. u. Mich. Psellos (MIÖG 7, 376 ff.) und Jeep, Quellenuntersuchungen zu den Griech. Kirchenhistorikern. Leipz., Teubner. 1884, (vgl. meine Rec.: Berl. philol. Wochenschr. 1885, p. 299).

Der Bischof Leontios von Neapolis auf Kypros, thätig unter dem Kaiser Konstantios (642–668), von dem Gelzer in der Hist. Zeitschrift handelt[1], hat besonders zwei Werke von hervorragenderer Bedeutung geschrieben: eine Lebensbeschreibung des Erzbischofs Joannes des Mitleidigen von Alexandreia (610–616) und eine solche des Mönchs Symeon, des „Narren um Christi Willen“, von welch’ ersterer Gelzer eine editio princeps vorbereitet. Was uns dieselben von grossem Werthe erscheinen lässt, ist erstlich die Sprache, das Vulgärgriechische der damaligen Umgangssprache, welche er literaturfähig machte, sodann die Art seiner Darstellung, die an Volksbücher im guten Sinne des Wortes erinnert, endlich der Umstand, dass seine Werke eine Lücke in der an Literatur armen Zeit des 7. Jh. ausfüllen. Sie sind eine wichtige Quelle für die kirchliche Anschauung und das kirchliche Leben, wie für das Leben des Volks in den letzten Zeiten des christlichen Hellenismus im Orient. Leontios schildere, so meint Gelzer, in Joannes das Ideal des Pietismus,

  1. H. Gelzer, Ein Griech. Volksschriftsteller d. 7. Jh. (HZ 61, 1–39.)
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1890, Seite 211. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_04_211.jpg&oldid=- (Version vom 10.12.2022)