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Worte wird dann noch vollends dadurch ausgeschlossen, dass er im weiteren Verlauf seiner Erwägungen sogar etliche Französische Grenzplätze in Hennegau, Flandern und Artois in der gleichen Weise zu entfestigen räth, um einem von den Niederlanden her eindringenden Feind die Festsetzung im Lande unmöglich zu machen. Dass Chamlay Französische Städte zu zerstören vorgeschlagen haben sollte, wird ihm doch wohl Niemand zutrauen.

Weiterhin bespricht Chamlay dann Heilbronn, Heidelberg und Pforzheim: diese will er als Festungen erhalten sehen; sie könnten sogar im Frieden als solche zurückgegeben werden; sollte der Krieg aber länger dauern, so könne man sie immer noch im künftigen Frühjahr schleifen. Selbst die Entfestigung von Freiburg im Breisgau hält er für discutabel, da dieses eine übermässig grosse Besatzung beanspruche, ohne irgend Nutzen zu stiften. Auch die Niederrheinischen Plätze geht Chamlay durch: Rheineck[1] und Neuss müssen rasirt werden, denn ihre Wälle sind schadhaft und sie brauchen zu viel Besatzungsmannschaft. Kaiserswerth soll den Winter über noch Festung bleiben, um von da aus das Land ringsum in Contribution setzen zu können; im Frühjahr soll es ebenfalls entfestigt werden. Ebenso räth er es mit Linnich an der Erff zwischen Jülich und Köln zu halten. Nur Bonn soll den ganzen Krieg hindurch Festung bleiben und erst wenn der Friede bevorstehe, ebenfalls in einen offenen Platz verwandelt werden[2].

Weder dem Wortlaute nach noch nach der politisch-militärischen Tendenz, die in diesem Gutachten vorwaltet, wird man in irgend einem dieser Fälle Chamlay die Absicht zuschreiben dürfen, die betreffende Stadt als solche zu zerstören, ihre Einwohner auszutreiben und die Häuser und Kirchen u. s. w. niederzulegen. Vielmehr will Chamlay nichts als die genannten, mit alten Werken versehenen Städte in offene Orte verwandeln, damit sie die Franzosen keine Besatzungen kosten und den Deutschen keine Stützpunkte darbieten.

Etwas später, während der Belagerung von Mannheim, am 9. November, führt er[3] diese Ideen wiederum in allgemeinen Zügen in einem Brief an Louvois aus. Wie der Kaiser dem

  1. So ist wohl statt Rheinfeld zu lesen.
  2. Lettr. mil. V S, 199–200
  3. Rousset IV S. 161.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1890, Seite 256. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_04_256.jpg&oldid=- (Version vom 16.12.2022)