Seite:De DZfG 1890 04 267.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Wird im Fortgange der Verwüstung der Rheinlande dem Minister selbst doch das Verlangen ausgesprochen, dass man ganz bestimmte, nicht missdeutbare Befehle zu haben wünsche. Wer, ehe er handelte, solche forderte, muss doch in der Stille die Befürchtung gehegt haben, die von dem Minister ertheilten Weisungen seien nicht unbedingt durch den Rückhalt der königlichen Autorität gedeckt.

Bald machte das Erscheinen stärkerer Deutscher Abtheilungen den Rückzug der Franzosen auf das linke Rheinufer nöthig. Damit war der Moment der Katastrophe für die unglücklichen Städte gekommen, die dem Untergange geweiht werden sollten, damit ihre rechtmässigen Herren sich ihrer nicht zur Vertheidigung des heimathlichen Bodens bedienen könnten. Bereits am 4. März meldet Graf de Tessé Louvois den Vollzug seines Befehls an Heidelberg, bekennt dabei aber, dass es ihm doch über Erwarten schwer geworden sei, eine Stadt in der Grösse etwa von Orléans niederzubrennen. Von dem herrlichen Schloss, so behauptet er, sei nichts mehr übrig; in der Stadt seien bis zum 3. März Mittags – die Brandlegung hatte am 2. stattgefunden – 432 Häuser verbrannt und noch wüthe das Feuer[1]. Dieser Bericht erwies sich jedoch als stark übertrieben. Es war den Bürgern nach dem Abzuge der Franzosen gelungen, dem Brande Einhalt zu thun, so dass dem verheerenden Elemente thatsächlich nur 35 Häuser zum Opfer fielen[2]. Dabei darf für die Beantwortung der Frage, wer diese Art von Kriegführung erfunden und wer daher an ihrer Durchsetzung das meiste Interesse hatte, als bezeichnend die Thatsache nicht ausser Acht gelassen werden, dass Louvois über die Schonung, die Heidelberg wider seinen Befehl zu Theil geworden, besonders entrüstet war und nicht übel Lust hatte, die betreffenden Befehlshaber dafür zur Rechenschaft zu ziehen. Montclar aber, unter dem Tessé befehligte, konnte auf die ihm desshalb gemachten Vorwürfe erwidern, nach des Ministers eigener Weisung habe er jenen mit der Vollstreckung der ihm eingehändigten königlichen Ordre beauftragt und ihm aus eigenem Antrieb eine Verstärkung von 400 Mann zugetheilt, jedoch keine bestimmte Zeit zur Vollstreckung vorgeschrieben. Er selbst habe sich mit seinen Truppen vor den Thoren der Stadt aufgestellt

  1. Lettres mil. V S. 298–99.
  2. Rousset a. a. O. S. 168.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1890, Seite 267. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_04_267.jpg&oldid=- (Version vom 16.12.2022)