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der Geldwirthschaft kommt eine Gewinnbetheiligung der Beamten, eine Besoldung durch Tantièmen vor, auch hier kann sich der Beamte die ihm ursprünglich amtsweise anvertrauten Rechte und Einkünfte zu eigener Verfügung und zu erblichem Besitz erwerben.

Es erwies sich, dass die Hilfsmittel der herrschenden historischen Methode zur Lösung des Problems nicht ausreichten.

Die Methode, welche sich zur Feststellung historischer Thatsachen bewährt hat, genügt nicht zum Verständniss derselben. Es kommt nicht bloss darauf an, Thatsachen chronologisch einzureihen, man muss verwandte Thatsachen vergleichen, und zwar aus verschiedenen Zeiten und bei verschiedenen Völkern. Die Geschichtschreibung muss die systematische Methode neben der historischen anwenden, wie die Naturgeschichte die historische Methode neben der systematischen verwendet hat, um zu Gesetzen zu gelangen. Denn historische Gesetze gibt es trotz alledem, und es lohnt sich keine historische Forschung, es hat auch keine historische Forschung gegeben, welche nicht bewusst oder unbewusst Gesetze gesucht hat.

Die Deutsche Verfassungsgeschichte hat das Gesetz der Entwicklung Deutscher Verfassung in der Eigenthümlichkeit Deutschen Geistes gesehen: sie ist beherrscht von dem nationalen Gedanken, sie sucht in der Deutschen staatlichen Vergangenheit die Manifestation Deutschen Geistes.

Diese Auffassung ist nun meines Erachtens nicht berechtigt. In der vergleichenden Betrachtung der verfassungsgeschichtlichen Entwicklung der Europäischen Culturnationen tritt die Gleichartigkeit der Institutionen und ihrer Geschichte deutlich zu Tage – und zwar eine Gleichartigkeit, die sich nicht etwa auf eine gemeinsame Germanische Wurzel zurückführen lässt, oder auf Entfaltung gemeingermanischer Rechtsgedanken. Sie findet sich auch dort, wo nachweislich Germanisches Recht keine Rolle gespielt hat. Dieselben Institutionen lassen sich auch in dem Altrömischen Rechtsleben nachweisen. Aber auch auf die Reste Römischen Lebens, welche sich im Mittelalter erhalten haben, lässt sie sich nicht zurückführen: wir finden analoge Institutionen im Skandinavischen Norden wieder. Die Uebereinstimmung in der Geschichte der Institutionen ergibt sich aus der Gleichartigkeit der culturgeschichtlichen Entwicklung. Nationale Gegensätze

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 25. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_05_025.jpg&oldid=- (Version vom 13.10.2022)