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sich bescheiden, seine Aussage einfach zu verzeichnen und die Frage nach Elisabeth’s Eignung zu Zwecken der Geschlechtsliebe als ein unlösbares Problem stehen zu lassen. Aber die Zeitgenossen der Königin haben die Lösung sich sehr leicht gemacht: was an Einsicht und Augenschein ihnen fehlte, hatten sie an Vermuthung und Lästerung die Fülle.

Schon im August 1560 kam das Gerücht auf, dass Elisabeth in Folge ihres Verkehrs mit Dudley guter Hoffnung sei[1]; vom Januar 1563 wird uns der Bericht über eine Untersuchung, die wegen der verleumderischen Ausstreuung geführt worden, dass die Königin Lord Robert’s Geliebte sei und während ihres Aufenthalts in Ipswich ein Aussehen gehabt habe, als ob sie gerade vom Kindbett aufgestanden wäre[2]; im Jahre 1581 wurden ihr schon fünf Kinder gegeben, die ihr sämmtlich Graf Leicester gemacht hätte: wenn sie auf Reisen gehe, so geschehe es nur, um insgeheim zu entbinden[3]. Selbst das absurde Gerücht fand Gläubige, dass Leicester einen dieser Bastarde zur Thronfolge bringen wolle; gierig hat der katholische Sander es aufgegriffen und der kirchliche Annalist Raynald, welcher das doch besser wissen konnte, ihm nachgeschrieben[4].

Alles solches, das in England bekannt genug war, muss schlechterdings auch den vielen fürstlichen Persönlichkeiten, die sich als Freier um Elisabeth bemühten, zur Kenntniss gekommen sein: sie mochten es nicht glauben, weil sie vielleicht besser unterrichtet waren, und wenn sie auch nur den zehnten Theil davon geglaubt hätten, wäre es unerklärlich, dass sie trotzdem nicht nachgelassen haben, die Königin mit Heirathsanträgen zu bestürmen. Das notorische Verhältniss zu Leicester mag ihnen immerhin, wie Goethe in einem ähnlichen Falle es ausdrückt, eine „harte Mitgift“

    her incapable of man, though for her delight she tryed many. At the comming over of Monsieur (Alençon) ther was a French chirurgion who took in hand to cut it, yett fear stayed her, and his death. – Und das klingt etwas wahrscheinlicher als die Aussage des Cardinais D’Ossat, Lett. ed Amelot de la Houssaie. (Amsterdam 1708) I, 399: Elle n’avait point de vulve.

  1. Cal. of St. Pap., Domest. 1547–80 p. 157.
  2. Cal. of St. Pap., Domest. Addenda 1547–65 p. 534.
  3. St. Pap. Domest. 1581–90 p. 12.
  4. Annal. Eccl. ad a. 1565. § 22.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 132. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_05_132.jpg&oldid=- (Version vom 19.12.2022)