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Werth. Dass ein Franzose den Charakter der Jungfrau verherrlicht, auch wohl ihren Antheil an den Ereignissen übertreibt, – nichts natürlicher als das; aber aus diesem heldenmüthigen Mädchen eine Heerführerin, eine Schlachtenlenkerin zu machen, diese Zumuthung ist denn doch zu stark. Der Verfasser kennt übrigens seinen Gegenstand nur unvollkommen und sein Werk ist verworren, zu weitschweifig und ermüdend zu lesen. Marin’s wie Lesigne’s Werke werden hier lediglich erwähnt, um vor ihnen zu warnen. – Interessanter ist die von Lanery d’Arc[1] veröffentlichte Quellensammlung; sie enthält die zur Zeit des Rehabilitationsprocesses Johanna’s von den hervorragendsten Kanonisten und Theologen jener Zeit gelieferten Denkschriften. Viele derselben waren von Quicherat, dem Herausgeber der Processacten, mit Fug und Recht weggelassen worden; nichtsdestoweniger verdienen einige die Beachtung der Gelehrten. Der neue Herausgeber hat den Text ohne jeden kritischen Apparat gegeben; er hätte vielleicht noch besser daran gethan, wenn er die Wiederholungen und den grösseren Theil von dem Gerede seiner schwatzhaften und über die Massen weitschweifigen Autoren gestrichen hatte. – Weit wichtiger sind die Ausführungen, welche Ch. de Beaurepaire, Archivar des Departements Seine-Inférieure, über die Richter der Jeanne d’Arc gibt[2], ihre Persönlichkeiten schienen zwar schon hinreichend bekannt, doch haben Beaurepaire’s Nachforschungen in den ihm unterstellten Archiven es ermöglicht, zu den älteren Nachrichten viele neue hinzuzufügen. – Unter jenen Richtern befanden sich mehrere fromme Dominicaner. Diese schon von einigen Andern bemerkte Thatsache hatte einen der neueren Biographen der Jungfrau, einen von denjenigen, welche seit Quicherat das Meiste zu unserer Kenntniss der Anfänge der Jeanne d’Arc beigetragen haben, S. Luce, zu dem Schlusse geführt, dass der Predigerorden der Heldin gegenüber stets eine feindselige Haltung beobachtet habe. Letzteres hat einen Dominicaner, den Pater Chapotin, gewaltig aufgeregt, so dass er unternommen hat, jene Ausführungen zu widerlegen[3]. In mehreren Punkten scheint Chapotin Recht zu haben. So weist er nach, dass Luce etwas leichthin behauptet habe, dass

  1. Mémoires et consultations en faveur de Jeanne d’Arc par les juges du procès de réhabilitation, d’après les mss. authentiques. Picard. 1889. 600 p. 9 fr.
  2. Notes sur les juges et les assesseurs du procès de condamnation de Jeanne d’Arc. Rouen, Cagniard. 135 p.
  3. In einer in den Études historiques sur la province dominicaine de France (Lecoffre. xxxj 361 p. 5 fr.) wiederabgedruckten Abhandlung.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 201. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_05_201.jpg&oldid=- (Version vom 21.12.2022)