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Vollmacht ertheilte, alle die Magnaten, welche einen Popolano injuriirten oder in der Bewohnung ihrer Häuser und Bebauung der Ländereien belästigten, persönlich und an Hab und Gut (personaliter et realiter) zu strafen und sie zu zwingen, jenen das strittige Object zu einem angemessenen Preise abzukaufen. Die einfache, durch einen Eidschwur bekräftigte Aussage des Popolano genügte als Beweismittel gegen den Magnaten. Gleichzeitig wurde verfügt, dass alle Adlichen, deren Namen aufgezählt waren, für sich, ihre Söhne und Brüder, die 15 Jahre alt, eine Bürgschaft über 2000 Lire zu deponiren haben und versprechen müssen, diesem Statut unverbrüchlichen Gehorsam zu leisten. Verschiedene Strafen wurden gegen die Uebertretungen und Umgehungen desselben festgesetzt[1]. Zehn Tage darauf wurden diese Massregeln gegen die Magnaten noch weiter ausgedehnt, wenn sie den Verkauf von Grundstücken, auf die sie, angeblich mit Unrecht, Rechtsansprüche erhöben, verhinderten. Einstimmig nahmen die Volksräthe die hierzu nöthigen Statutenveränderungen

  1. Wir haben hierüber in den Provisionen Lib. I, 27–31 ein sehr ausführliches Statut, das jedoch nicht mehr vollständig erhalten ist, da drei Blätter herausgeschnitten sind. – Das was unser Rechtsgefül am stärksten an diesem Statut verletzt, ist das einseitige Werthlegen auf das Zeugniss des Klägers. Das machte sich auch damals sofort sichtbar. Denn es traten viele falsche Ankläger auf und es wurden zahlreiche Meineide geschworen. In den Räthen wurde vielfach über die falschen Anklagen verhandelt. Und doch liess man es bei diesem Verfahren, nur dass man die Zeugenzahl später doch erhöhte. Wer da weiss, wie es der heutigen Justizverwaltung in Italien, vor allem aber in Unteritalien, unendlich schwer geworden ist, bei den schwersten, am hellen Tage, auf offener Strasse begangenen Verbrechen Zeugen aufzutreiben, wird es leicht verstehen, warum am Ende des 13. Jahrhunderts in Florenz die Männer, welche gesetzliche Zustände einführen wollten, sich mit so geringem Beweismaterial begnügen mussten. Es war eben sehr schwer, wenn nicht unmöglich, gegen die gewaltthätigen Granden Zeugen zu finden. – Dass man die adlichen Familien eine Art Gesammtbürgschaft für ihre Glieder übernehmen liess, hat auch nichts allzu Auffallendes. Die Familien lebten sehr häufig noch mit ungetheiltem Vermögen zusammen, jede Beleidigung, die ein Glied der Sippe traf, wurde von der Familie gerächt. Der Germanische Geschlechterverband hatte sich hier in seinen Ausläufern noch erhalten. Vgl. hierüber Villari in der Nuova Antologia XI S. 451. (Die Abhandlungen, welche Villari in dem Journal Il Politecnico 1867 über diese Zeit veröffentlicht hat, habe ich leider nicht einsehen können. Doch ist wohl in dem hier citirten Aufsatze: La repubblica Fiorentina al tempo di Dante die Quintessenz derselben enthalten.)
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 283. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_05_283.jpg&oldid=- (Version vom 7.11.2022)