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Unter solchen Umständen kann es nicht befremden, dass die Russische Partei und Osterman von panischem Schrecken ergriffen wurden, als am 16. Mai die Kunde vom Ausbruch eines Bauernaufruhrs in Westergötland nach Stockholm gelangte. Obwohl der Aufstand durchaus ungefährlich und schon nach vier Tagen unterdrückt war, glaubte der Russische Gesandte in demselben das erste Anzeichen einer grossen Revolution in Schweden erblicken zu müssen und versicherte seiner Regierung, das einzige Mittel zum Schutze der bestehenden Verfassung sei die Uebergabe einer gemeinsamen Declaration Russlands, Preussens, Englands und Dänemarks[1], während die drei unteren Stände in der ersten Bestürzung die Einsetzung einer ausserordentlichen Ständecommission zur Aburtheilung der Empörer beschlossen. Dieser gesetzwidrige Beschluss beschwor die heftigsten Scenen im Reichstage herauf. Denn das in seiner Mehrheit nunmehr aus Anhängern Frankreichs bestehende Ritterhaus versagte hartnäckig seine Zustimmung, da es in jener Commission mit Recht nichts Anderes als eine gegen die eigene Partei gerichtete Waffe erblickte.

Binnen kurzem gewann jedoch bei den Führern der beiden feindlichen Parteien eine versöhnlichere Stimmung die Oberhand, theils infolge der allgemeinen Reichstagsmüdigkeit, theils infolge der Erkenntniss, wie nothwendig die friedliche Beilegung eines Zwistes war, der zu den schärfsten Verfassungsconflicten und vielleicht sogar zur Einmischung des Auslandes führen konnte. So kam denn ein Compromiss zu Stande, indem die Hüte ihren Widerstand fallen liessen, die Mützen dagegen den Wirkungskreis der Commission eng begrenzten; und als aus London und Kopenhagen die Erlaubniss für Goodricke[2] und Schack[3] eintraf,

  1. Depesche O.’s vom 8./19. Mai [Russ.], Sbornik LVII, 537–38.
  2. Cocceiji, 8. Juli: „Le dernier Courier arrivé au Chev. Goodr. doit lui avoir porté l’ordre d’appuyer la déclaration que le Cte. Osterman était intentionné de faire, en cas que les états se fussent portés à commettre des violences les uns contre les autres“.
  3. Schack hatte schon am 8. Marz und 24. Mai die Weisung erhalten, „à concerter avec le bon parti – – – et avec le Cte. Osterman les mesures qu’il serait nécessaire de prendre“, für den Fall „que la Cour et ses adhérents – – – méditent de porter, surtout à l’aide de quelque émeute populaire, du changement à la constitution de l’État et à la forme du Gouvernement“.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 358. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_05_358.jpg&oldid=- (Version vom 10.9.2022)