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und Archivar Dr. O. A. Beneke, Verf. der culturhist. Studien „Von unehrl. Leuten“ u. der „Hamburg. Geschichten u. Denkwürdigkeiten“, auch Mitarbeiter der ADB. – Am 18. Mai in Wien, 81 J. alt. Geh. Hofrath E. v. Birk, bis vor kurzem Director d. Wiener Hofbibl., Herausgeber der Basler Concilschronik des Joh. de Segovia. – Am 5. Febr. in Frankfurt a. M. der Rabbiner Dr. N. Brüll, Herausgeber der „Jbb. f. Jüd. G. u. Lit.“ – Am 11. März Dr. F. Budczies, wissenschaftlicher Beirath des Märk. Prov.-Museums und 2. Vors. des VG Berlins, Verf. von kleineren genealog. und localhistor. Beitrr. – Am 19. März in Königsberg der Vorstand d. dortigen Alth.-Ges. Prussia, Prof. Dr. G. Bujack, 55 J. alt, bekannt durch zahlreiche, meist locale Arbeiten zur Prähistorie und z. G. d. Dt. Ordens. – Am 4. April in Friedberg i. H. Gust. Dieffenbach, Erforscher Hess. Althh. – Am 15. Jan. in Cottbus der dortige Gymn.-Dir. G. Dittmar im 52. Lebensj., soeben mit d. Herausgabe e. „G. d. Dt. Volkes“ (s. Nr. 39) beschäftigt.

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Am 1. Mai ist in München Ferd. Gregorovius, 70 J. alt, aus dem Leben geschieden. Die seltene Vereinigung künstlerischer u. historischer Talente, welche den Geschichtschreiber der Stadt Rom schmückten, hat erst kürzlich in dieser Zeitschrift an dem Referenten über seine G. d. Stadt Athen einen begeisterten Lobredner gefunden. Gr. hat bei dieser seiner eigenthümlichen Begabung, die doch mehr nach der schriftstellerischen Thätigkeit hinneigte, das erklärliche Schicksal gehabt, unter den Fachgenossen nur zögernd und bedingt Anerkennung zu finden. Er war aus Neidenburg in Ostpreussen gebürtig, studirte in Königsberg Theologie, wurde von der freiheitl. Bewegung der Zeit lebhaft ergriffen u. ging dann zur Geschichte über. Sein erstes grösseres Werk – wenn wir von literarischen und poetischen Arbeiten absehen – war eine G. Hadrian’s (1851; 2. Aufl. 1884). Seit 1852 weilte er dauernd in Italien, namentlich in Rom. Die Natur von Land und Volk berührte sympathisch viele Saiten seines Wesens, während er der Entwicklung der polit. Verhältnisse in der Heimath lange mit entschiedener Abneigung gegen herrschende Richtungen und Persönlichkeiten folgte. So empfänglich er für Anerkennung war, so unabhängig erhielt er sich doch in seinen Gesinnungen. Den schönsten Ehrentitel gab ihm das Ehrenbürgerrecht der Stadt Rom, den „civis Romanus“, den er seinem Namen beizusetzen liebte. Erst 1874 siedelte er nach München über. Aber auch fortan zog es ihn alljährlich über die Alpen. Die Eindrücke Italiens verband er mit den Ergebnissen seiner Studien in den „Wanderjahren in Italien“. In Rom selbst wuchs auch sein bekanntes Hauptwerk heran, die G. der Stadt Rom im MA. (8 Bde. 1859–72; 4. Aufl. 1886 ff.); voraus ging ihm eine kleine Schrift „Grabdenkmäler der Päpste“ (1857; 2. Aufl. 1881). Es folgten von grösseren histor. Arbeiten noch: Lucrezia Borgia (1874), Urban VIII. im Widerspruch zu Spanien und zum Kaiser (1879), Athenais (1882) und endlich ein Seitenstück zu seinem Hauptwerk, die G. der Stadt Athen im MA. (1889). Der Dichtungen Gr.’s zu gedenken, ist hier nicht der Ort, und auch von Abbandlungen (besds. in den SBMAk) erwähnen wir nur noch die letzte Rede über die grossen Monarchien. Sie schloss sein literar. Wirken mit einem al fresco gemalten welthistorischen Ueberblick ab.

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Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 485. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_05_485.jpg&oldid=- (Version vom 26.12.2022)