Seite:De DZfG 1891 06 019.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Schlacht fallen und verschwinden[1]. Dem gegenüber steht die grosse Masse der kirchlichen Ueberlieferung, mit dem Zeitgenossen Hieronymus beginnend, welche den Kaiser in einer Hütte verbrennen lässt[2]. Es ist hier, wenn irgend wo das Wort am Platze, „man soll die Stimmen wägen und nicht zählen“! Und lehrreich ist der Fall besonders dadurch, dass wir der Entstehung und Weiterbildung dieses Märchens nachgehen können. Einer von des Kaisers Leibwache hatte sich wie die meisten seiner Genossen aus dem Kampfgewühl geflüchtet und in ein Haus verkrochen; als dieses in Brand gesteckt wurde, log er, um seine Tapferkeit leuchten zu lassen, den Gothen und später seinen Landsleuten vor, in dem Hause sei der Kaiser gewesen und mitverbrannt[3].

In dieser Zeit der schärfsten religiösen Gegensätze hat sich dann die Athanasianische kirchliche Ueberlieferung mit einem wahren Entzücken dieser Tradition bemächtigt und sie weiter ausgeschmückt. Der Arrianer und Ketzer Valens hatte also schon bei Lebzeiten die ihm gebührende Höllenstrafe erduldet[4]!

Zu dem sachlichen Berichte des Zeitgenossen Hieronymus, der Kaiser sei verwundet in einem Hause untergebracht worden und ohne Wissen der Gothen dort verbrannt, fügt 20 Jahre später Rufinus den Zug, der Kaiser sei ex bello trepidus nach einem Landgut geflohen und verbrannt, Johannes Chrysostomus, der berühmte Kanzelredner derselben Zeit lässt ihn schon verbrennen μεθ᾿ ἵππων καὶ θηλῶν καὶ τῶν ἄλλων ἁπάντων. Wieder fünfzig Jahre weiter flieht der Kaiser in ein Dorf und geht dort sammt allen Einwohnern zu Grunde, oder er erwartet in einem

  1. Liban. or. I ed. Reiske I S. 117 u. or. XXIII Reiske II S. 37 ff. (abgefasst um Mitte 379); Amm. XXXI, 13, 12 ff.; Socrates IV, 38 vgl. Fasti (Idat.) z. J. 378; Eunap. vitae soph. ed. Boissonade-Wyttenbach: Maximus S. 63.
  2. Hieron. z. J. 378 vgl. Br. 60 (Migne P. L. XXII S. 599). Einen ähnlichen Bericht geben nebenher auch Ammianus und Socrates a. a. O. Zosimus IV, 24 erzählt ebenfalls von der Verbrennung, giebt hier aber seine bis dahin benutzte Quelle (Eunapius) auf.
  3. Ammianus 13, 16. Die Verbrennungsfabel wurde durch die Kriegslist der Gothen S. 16 Anm. 3 glaublich gemacht.
  4. Rufin hist. eccl. II, 13; Oros. VII, 33, 15 ff.; Isid. chron. z. J. 378; Cyrill. vita S. Euthymii in Cotelerii eccl. Graecae monum. IV. p. 8.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_06_019.jpg&oldid=- (Version vom 6.1.2023)