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werden[1]. Wir lernen sie, was für unsere Zwecke wesentlicher, auch aus Kaiserurkunden des 9. und 10. Jahrhunderts als „circumquaque manentes“, als Nachbarn, Ortsgenossen kennen[2].

Vor diesen in sehr vielen Fällen Recht zu suchen, Streitigkeiten nach gemeinsamem Uebereinkommen ihrer Entscheidung anheimzustellen, war, wie wir sehen, alter Brauch, der neben dem Walten des Gesetzes einherging. Je weniger gesichert das Rechtsleben war, um so wichtiger erschien dieser bequeme Behelf, um so lebhafter wurde er benutzt.

Dass Unterschiede der Nationalität hierbei nicht mitsprachen, dass die Bezeichnung boni homines neben Langobardisch Lebenden auch solche umfasst, die nach Römischem Recht leben, ist schon angedeutet. So gut Geistliche[3] wie Laien werden uns als boni homines genannt und die Geistlichen lebten nach Römischem Gesetz; doch auch von als boni homines bezeichneten Laien lässt sich nachweisen, dass sie Römisch lebten[4]. Nicht nur vollziehen ferner Römisch Lebende häufig vor boni homines Rechtshandlungen, sondern es ist (mindestens im Florentiner Comitat) Regel, dass Schenkungen Römisch Lebender durch mündliche Erklärung vor Zeugen und boni homines erfolgen[5].

  1. Urkunde Otto’s I. in Marsi 970 Sept. (M. G. Dipl. I).
  2. Otto I. Pavia 962 Apr. 9 für S. Pietro in cielo d’oro dorts. (M. G. Dipl. I.) Die betr. Stelle entspricht der Vorurkunde König Hugo’s. – Ders. Paterno 964 Febr. 18. Die Stelle nach der Vorurkunde Ludwig’s II. von 867.
  3. Der grossen Häufigkeit wegen werden keine Beispiele angeführt.
  4. Flor. 1085 Sept. (Spoglio d. Bibl. Ricardiana 3157 p. 334). Zwei Röm. Lebende machen Schenkung an das Kloster S. Benedict in Bifurco „coram testibus et bonis hominibus“. In der Subscription als Zeugen drei Geistliche und drei nach Röm. Recht lebende Laien, also nur Röm. Lebende. – Castro de Roffiano 1085 Febr. (Arch. dipl., Prov. Passign.) Schenkung eines „ex nazione“ Röm. lebenden Mannes und einer „ex nazione“ Langobardisch, aber „pro ipso viro meo“ Röm. lebenden Frau an das Kloster Passignano. In der Subscription fünf Zeugen, von denen vier Röm., einer Langob. lebend. Mithin mindestens, da mehrere b. h. erwähnt, einer ein Röm. lebender. Einer von den hier als Römisch lebend bezeichneten, kommt aber auch 1086 März (Archl. dipl. Flor., Proven. Passign.) als (bonus) homo bei einer Refutation vor.
  5. „Per vim vocis“. Die Beispiele sind sehr zahlreich, aber die in voriger Anm. angeführten mögen genügen. – In der judic. Senensis finden wir auch eine nach Salischem Recht lebende Frau, die vor judices und boni hom. eine Schenkung macht (1036 Dec. 18. Arch. dipl. Flor., Proven. Badia di Fir.). Auch solcher Beispiele liessen sich mehrere beibringen.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 31. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_06_031.jpg&oldid=- (Version vom 16.10.2022)