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des Oberstkanzlers Donnersberg[1], welcher sich in der Regel mit den Anschauungen und Absichten seines Herrn vertraut zeigt, sprach sich, die Wahl des Erzherzogs Ferdinand befürwortend, aufs Entschiedenste gegen die Baierische Bewerbung aus und wollte eine solche nur in dem Falle zulassen, wenn die Erhebung eines Oesterreichers unmöglich, dagegen die eines Ausländers oder Ketzers wahrscheinlich sei.

Wir dürfen also annehmen, dass auch diesmal von Herzog Wilhelm die Anregung ausging und dieser es war, welcher den von Donnersberg widerrathenen Entschluss durchdrückte. Hierfür zeugt mit grösstem Gewichte der Umstand, dass in der Folge vorzugsweise Wilhelm, welcher sich sonst politischen Arbeiten stets entzog, und sein Vertrauter, der Geheimrath Ulrich Speer, die Verhandlungen über die Wahlfrage führten[2].

Welche Gründe Maximilian’s Einwilligung erwirkten, erfahren wir nicht. Vielleicht bestimmte ihn überwiegend die Rücksicht auf seinen Vater, indess ging diese doch nicht so weit, dass er sich auf ein Unternehmen eingelassen haben würde, welches ihm unausführbar oder mit den Pflichten seines Fürstenamtes unvereinbar erschienen wäre. Mithin muss er den von Donnersberg vertretenen Anschauungen entsagt haben. Er war ja auch erst 27 Jahre alt und die übergrossen Lasten und Sorgen der Regierung hatten ihm noch nicht Zeit gelassen, sich von der überlieferten Kurzsichtigkeit deutscher Territorialpolitik zu befreien und Verständniss für die Bedeutung der in Deutschland und in Europa wirksamen politisch-kirchlichen Gegensätze zu gewinnen. Anderseits besass der althergebrachte eifersüchtige Groll seines Hauses gegen die Habsburger gerade in seiner Brust besondere Stärke und wie sein hochstrebender Ehrgeiz durch den Glanz der Kaiserkrone gelockt werden mochte, so dünkte es vielleicht seinem ständischen Bewusstsein nach dem Beispiele so vieler anderer Reichsfürsten räthlich, das Kaiserthum nicht im Habsburgischen Hause erblich werden zu lassen. Mit voller Seele gab er sich freilich wohl noch immer nicht dem Plane der Bewerbung hin; sonst würde er seiner Art nach die Ausführung

  1. S. Beilage II. Es scheint mir zweifellos, dass die Schrift in diese Zeit gehört.
  2. Vgl. auch Nachfolge Anm. 283.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 51. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_06_051.jpg&oldid=- (Version vom 6.1.2023)