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nicht aufrichtig gemeint und bezweckte nur, dem Argwohn des Kaisers auszuweichen, oder Ernst liess sich doch rasch durch Erzherzog Albrecht und durch die sich ihm aufdrängende Gewissheit, dass der Kurfürstentag nicht zu Stande kommen werde[1], umstimmen. Schon ehe noch zwei Wochen verstrichen waren, bemühte er sich darum, eine Einladung vom Kaiser zu erhalten[2], und sobald dieselbe im Mai 1601 eingetroffen war, brach er nach Prag auf.

Er gab davon seinen Verwandten Nachricht und stellte ihnen anheim, ihm in Eger durch einen Gesandten Mittheilungen machen zu lassen. Da zeigte sich nun wieder, dass Herzog

  1. Vgl. Nachfolge 70. In dem oben S. 52 Anm. 3 erwähnten Auszuge wird auch ein nach dem Aschaffenburger Tage verfasstes Gutachten des Mainzer Secretärs Peter Kraich erwähnt, welches ausführte, dass zu einer bei Lebzeiten eines Kaisers zu haltenden Wahl stets dessen Zustimmung als unerlässlich betrachtet worden sei; wolle man aber den Kurfürstentag auf Grund des Kurvereins berufen, so stehe im Wege, dass Pfalz und Trier noch nicht Mitglieder des Vereins seien; auf Grund der Goldenen Bulle endlich könne Mainz einen Kurfürstentag nur nach dem Tode des Kaisers anberaumen.
  2. Vgl. Nachfolge 82. Den Anlass zu Ernst’s Anerbieten an den Kaiser gab ein Schreiben Rudolf’s vom 27. December 1600, welches lautete: „Ich bin bericht worden, das E. L. und die geistlichen churfürsten neulich zu Aschaffenburg beisammen gewesen sein sollen. Ob ich nun woll nit zweifele, weiln Sie es alle mit mir guet und treulich meinen, es werde von Inen nichts, so mir nachteilig sein möcht, gehandlet sein worden, so wolt ich dannoch gern wissen, was die ursach Irer zusammenkunft und was Sie dorten mit einander tractiert. Und ist deshalb mein freundvetterlich begeren an E. L., Sie wollen mir solches vertraulich zu wissen thuen und da vielleicht E. L. und den andern churfürsten allerlei, wie dan die welt nit feiert, furkommen sein möchte, solchem kein glauben geben, sondern sich zu mir alles guets und treuherziger, vetterlicher affection, damit ich Deroselben woll zugethan versehen. E. L. gutwilliger vetter Rudolf.“ Ma. 134/1, 265 Copie. Flöcker bemerkt dazu in seinem Briefe vom 17. Januar 1601: „J. chfl. Dt. ist gar perplex, was darauf zu antworten sei. Hat dem werk noch nit reiflichen gnueg konnen nachsinnen und es muss doch unverzogenlich antwort druf erfolgen, woll anderst Colln sich selbst nit in grossen verdacht stecken.“ Da Ernst dann doch erst nach der Rückkehr seines vertrautesten Rathes Bille aus Brüssel antwortete, so ist zu vermuthen, dass er durch diesen den Rath des Erzherzogs Albrecht einholte und dem Kaiser gegenüber den Verzug seiner Antwort auf dessen am 16. Januar empfangenes Schreiben mit einer Reise nach Lüttich, welche er am 18. antrat, entschuldigte.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 57. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_06_057.jpg&oldid=- (Version vom 7.1.2023)