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des Kurfürsten von Mainz, dass die Berufung eines Wahltages unbedingt vom Kaiser ausgehen müsse und ein selbständiges Vorgehen der Kurfürsten unzulässig sei[1]. Mithin ergibt sich, dass Ernst in Wahrheit das Gegentheil von dem anstrebte, was er seinen Verwandten vorspiegelte, und dass das Schriftstück, welches er denselben zustellte, eine Fälschung war.

Bei der Aengstlichkeit, womit die Wahlverhandlungen allen nicht zum Kurcollegium Gehörenden verheimlicht wurden, hatte Ernst nicht zu besorgen, dass sein Trugspiel den Münchnern von Mainz her bekannt werden würde. Einige Monate später lüftete jedoch die unvorsichtige Redseligkeit Groisbeeck’s den Schleier, womit jenes verhüllt wurde.

Das kümmerliche Ergebniss der Verhandlungen, welche Ernst mit Mainz und Trier pflog, bildete schliesslich eine gemeinsame Mahnung der geistlichen Kurfürsten an Rudolf, dass er die baldige Ordnung der Nachfolge bewirken möge. Mit diesem Schreiben wurde Groisbeeck nach Prag geschickt[2]. Auf der Heimreise kam er nach München und erzählte Speer, er habe jenes Schreiben dem Kaiser persönlich überreicht und dann ohne Beglaubigung von den Amtsgenossen seines Herrn angezeigt, die drei Kurfürsten seien in der Nachfolgesache bereit zu thun, was der Kaiser wolle, und wünschten, mit der Wahl in seinem Hause zu bleiben.

Deutlicher konnte er die wahre Gesinnung seines Herrn kaum mit bewusster Absicht verrathen. Seine Aeusserung fiel denn auch dem Baierischen Rate auf. Seltsamerweise zog jedoch dieser nicht die nahe liegende Folgerung daraus. Der Kurfürst rieth durch Groisbeeck wiederum, man solle bei Lebzeiten des Kaisers nichts versuchen, sondern höchst vorsichtig verfahren, und er empfahl, Maximilian solle, um den in Prag aufgetauchten Verdacht, dass er selbst nach der Krone trachte, zu beseitigen, den Kaiser ermahnen, dass er auf die Ordnung der Nachfolge zu Gunsten des Oesterreichischen Hauses denken möge. Daher glaubte Speer vielleicht, dass auch die Aeusserung Groisbeeck’s nur die Täuschung Rudolf’s bezweckt habe. In jedem Falle scheint

  1. Vgl. Nachfolge Anm. 297. Der vorstehend erwähnte Auszug entspricht völlig der vorliegenden Aufzeichnung.
  2. S. Nachfolge 113.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 63. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_06_063.jpg&oldid=- (Version vom 8.1.2023)