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Die Gilde hängt stets an der Stadt [und zwar je Eine an Einer], nie am Dorf oder Flecken, und überflügelt sie nie; meist bleibt sie ihr untergeordnet, unter ihrer Aufsicht; sie ist nirgends der Keim der Stadt, sondern ein Reis eigener Wurzel, das im 12. Jahrh. dem Stamme der Stadt aufgepfropft ward und als deren mächtiger Ast ihr Gedeihen förderte. Wenn allerdings die Gildhalle, vor 1200 in doch nur wenigen Städten, zum Rathhaus wurde, so lässt sich das leicht anders als mit der irrigen Annahme erklären, die Gilde sei zur Stadt erblüht.

Ursprünglich ist die Gilde nirgends mit der Stadt identisch; und später wird an manchen Orten ihr drückendes Monopol von der Gemeinde offen bekämpft; die Krone wirft ihr vor, die Gilde werde reich, die Stadt arm. Durch die Tyrannei der Gilde [wohl nur neben anderen Ursachen], meint Verf., verlassen Handel und Gewerbe manche alte Stadt und wandern in freiere Landstädte aus. Die Stadt entstand unter den Angelsachsen aus der Festung [u. a. auch dem Markte!] durch Exemtion ihres Gerichts aus der Hundert- und Grafschaft; sie erhob sich seit dem 12. Jahrh. durch königlichen Freibrief zum Liber burgus, den nicht Ein Recht, sondern eine Summe von Rechten (hier mehr, dort weniger) auszeichnet; zur Corporation ward zuerst Coventry 1345; doch schon viel früher wirkte die Gemeinde thatsächlich als juristische Person und wurde auch begrifflich als solche hingestellt. Die Selbstpacht der dem König aus der Stadt erwachsenden Einkünfte, die Wahl eigener Beamten, das selbständige Gericht und Stadtrecht und die Kaufgilde, neben der meist Zollfreiheit durch das ganze Reich (vorbehaltlich früherer Vorrechte) steht, sind die Gerechtsame, auf Grund welcher sich meist die Bürger zur ewigen Gemeinde verkörpern. Also die Gilde ist nur Ein Recht der Stadt unter mehreren, allerdings das häufigst erwähnte, aber bis um 1250 nicht das massgebende: mancher Liber burgus wird ohne sie oder neben ihr privilegirt. Firma burgi (also eigene Casse), Gericht und Polizei verbleiben der Stadt; erst Ende des 13. Jahrh. entwickelte manche Gilde aus dem anfänglichen blossen Schiedsgericht eine Handelsgerichtsbarkeit.

Auch Verfassung und Verwaltung, Charakter und Aufnahmeart der Mitglieder, Satzungen und Archiv gestalten sich anders bei der Gilde als bei der Stadt. Der Zweck der Gilde ist [seit dem 12. Jahrh.] nur nebenher fromm-wohlthätig und gesellig; in der Hauptsache regelt sie als ein Organ der Stadtverwaltung Handel und Gewerbe; sie soll Theurung und Betrug verhindern. Dir Mitglied geniesst die Freiheit des Handels ohne Zoll (kraft Gildenrechts zunächst nur am Ort, kraft Freibriefs im ganzen Lande), während jeder andere in der betreffenden Stadt nur mit Erlaubniss der Gilde und nur gegen Zoll oder Pauschalabgabe an bestimmten Orten und Zeiten, in gewissen Waaren Handel treiben darf und besonders im Detailliren beschränkt wird. Auch im Grossen darf nur der Gildengenosse vom fremden Händler einkaufen. Es gab also neben der Gilde bisweilen Händler, vielleicht Villane und Vaganten. Jeder Genosse zahlt der Gilde Schoss und Loos (Worte die, auch einzeln gebraucht [seit etwa 1100], nur Beisteuer bedeuten). Der Bürger ist dagegen zu Wach-, Geschworenen- und Amtsdienst,

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 117. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_06_117.jpg&oldid=- (Version vom 11.1.2023)