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empfangen heldenmässigen Schimmer. Dieser Eintritt der Begebenheiten in’s Mythische braucht nicht besonders befördert zu werden, er vollzieht sich von selbst in der Seele des Kindes.“ Darnach scheint es Aufgabe des Geschichtsunterrichts zu sein, zunächst einmal um Zeiten, die im klaren Licht der Geschichte liegen, einen Mythennebel zu verbreiten, um unter dessen Schutze conservative und chauvinistische Gesinnung zu züchten. Dieser Zweck soll natürlich, auch wenn der Mythos allmählig zerfallt, mit veränderten Mitteln weiter verfolgt werden; ja in den Oberclassen muss der tendenziöse Charakter des Unterrichts, der in der Sexta noch verhältnissmässig harmlos und unschädlich sein mag, viel bedenklicher werden, und man wird dann wirklich sagen dürfen: lieber keinen Geschichtsunterricht, als solch einen.

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Die Schulreform in Baiern hat ihre ersten, gerade für die histor. Studien wichtigen Schritte auf dem Gebiete der Lehrerausbildung und des Prüfungswesens gethan, worüber im 1. Heft dieses Jahrgangs berichtet wurde. Fortgesetzt wurde sie dann durch Aufstellung einer Schulordnung für die humanist. Gymnasien, die in diesem Frühjahr von dem obersten Schulrath berathen wurde. Für die Geschichte wurde das Lehrziel folgendermassen aufgestellt: In der 3., 4. und 5. Classe ist Anregung des Interesses für geschtl. Personen und Begebenheiten, ferner Einprägung eines festen Grundstockes histor. Daten und ein in grossen Zügen gehaltener Ueberblick, namentlich über die Griech., die Röm. und die Deutsche G. zu erzielen. In der 6., 7., 8. und 9. Klasse ist dieses Mass der Anforderungen in entsprechendem Umfange zu erweitern und tiefer zu begründen; zugleich ist die Weckung und Entwicklung der Fähigkeit anzustreben, den zum geistigen Besitz des Schülers gewordenen Stoff nach gegebenen Gesichtspunkten in eigener Ordnung und Fassung darzustellen. Die G. Deutschlands und im nächsten Anschlusse an sie die G. Baierns und seines Regentenhauses ist besonders eingehend zu behandeln. Auch culturhistor. Stoff ist dem Standpunkte der Schule entsprechend zu verwerthen. Der vorzugsweise auf die Darlegung der ursächl. Verhältnisse, auf eine eingehendere Charakteristik hervorragender Persönlichkeiten und auf eine scharfe Hervorhebung des Wichtigen abzielende Vortrag des Lehrers dient zur Belebung des Unterrichtes und zu Sicherung des Verständnisses. Für passende histor. Lectüre der Schüler ist in den Schülerbibl. Sorge zu tragen.

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Der neue Lehrplan für die Gymnasien und Lyceen Württembergs setzt für die Geschichte, verbunden mit Geographie, in der 2. Classe 1, in der 3.–7. Classe 3, in der 8. Cl. 4 und in der 9. und 10. Cl. 2 Stunden fest (zusammen 24 Stunden). Es wird betont, dass gemäss den Bestimmungen eines Erlasses von 1871 der Unterricht in der Geschichte bis zum Jahre 1870/71 fortzuführen ist.

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Gerade jetzt, wo der neueren Geschichte in dem Lehrplan unserer Gymnasien eine bedeutend erweiterte Stellung gegeben ist, werden einige Notizen über das neu veröffentlichte Programm für den Unterricht in der neueren Geschichte in den französischen Lyceen von Interesse sein. Der Stoff ist auf 4 Perioden vertheilt, die in einem Jahrescurse

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 197. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_06_197.jpg&oldid=- (Version vom 14.1.2023)