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Dies führt uns zur Darstellung der

Goslarer Streitigkeiten im Jahre 1063 (pag. 49).

Delbrück knüpft an diese Vorgänge eine Untersuchung, bei der er die Parteilichkeit unseres Autors in schärfster Weise zeigen will. Nach Lambert bestraft der jugendliche König die Unruhestifter auf die denkbar ungerechteste Weise; Egbert als Verwandter geht frei aus, der Abt von Fulda ist allein schuldig, nur durch grosse Bestechungen kann er sich retten. Darin sieht Delbrück (S. 16) eine Verleumdung, die Lambert dem zwölfjährigen Knaben zugefügt habe. „Denn noch im Verlaufe derselben Erzählung berichte uns Lambert, als er eine Handlung der Reichsregierung loben will, dass dieselbe in der Hand Anno’s von Köln und Otto’s von Baiern gewesen sei: wenn also eine Bestechung stattgefunden habe, so müssen diese beiden Helden Lambert’s bestochen worden sein – – –. Lambert habe also dem König Heinrich einen Vorwurf gemacht, von dem er wusste, dass er nicht ihm, sondern den beiden Männern gebührte, die unser Autor stets als ein Muster eines geistlichen und eines weltlichen Fürsten hinstelle“ (vergl. Querner[1] S. 10 ff.).

Dieses harte Urtheil kann nur dann seine Gültigkeit haben, wenn sich Lambert bei Niederschrift seiner Worte wirklich des jugendlichen Alters des Königs und mithin der Verantwortlichkeit der Regentschaft bewusst war. Dieses bestreite ich auf das entschiedenste; bei unbefangener Lectüre seiner Schilderung[2] glauben wir nicht einen zwölfjährigen Knaben, sondern einen seiner königlichen Würde bewussten, kräftig entwickelten Jüngling vor uns zu haben. Heftig ist in der Kirche der Kampf entbrannt, der König sucht zu vermitteln, unter Anrufung seiner königlichen Majestät beschwört er die Massen (rex inter haec vociferans et sub obtentu regiae maiestatis populum adiurans). Man ermahnt ihn, für sein Leben zu sorgen. Mit Mühe, schreibt Lambert, bahnte sich der König einen Weg durch die immer dichter zusammengedrängte Menge (vixque inter constipatam artius multitudinem eluctatus, in palatium se recepit). Auch im weiteren Verlauf, besonders bei Schilderung der Folgen, die die Bestrafung des Fuldaer Abtes herbeiführte, berücksichtigt Lambert das Knabenalter Heinrich’s nicht im geringsten. Als dem Knaben

  1. Berner Diss. 1877.
  2. Meyer von Knonau I p. 328 folgt Lambert ziemlich genau.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 319. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_06_319.jpg&oldid=- (Version vom 23.1.2023)