Seite:De DZfG 1891 06 324.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

und Verkehrtheiten. Diese beruhen einmal auf dem Mangel eines ausreichenden Ueberblicks und ferner darauf, dass er bei jedem einzelnen Fall möglichst alles sagen will, was nur angebracht werden kann, ohne hierbei das an anderer Stelle Vorgeführte genügend zu berücksichtigen.

Zu den seine Historiographie beengenden Momenten – seiner mangelhaften Kenntniss in Folge dürftiger Berichterstattung, seinen typischen Vorstellungen, den ungeschickten Combinationen, mangelndem Gesammtüberblick bei breiter Detailschilderung – kommt noch etwas äusserst Wichtiges, die Beschränktheit seiner Auffassung hinzu. Mitten in den grossen Bewegungen lebend, die das Reich ergriffen, fehlt es ihm an einer auch nur einigermassen hinreichenden Beurtheilung derselben. Er ist vor allem Mönch[1] und zwar Hersfelder. Als treuer Sohn seines Klosters betrachtet er die grossen Ereignisse, deren hochgehende Wogen stürmisch an seine Klostermauern schlugen, wenn man so sagen darf, durch sein Klosterfensterchen. Lambert gesteht die Beschränktheit seines Standpunktes selbst einmal mit den Worten zu: „nos non statuisse omnia scribere, quae in republica vel ecclesia gesta sunt aut geruntur, utpote monasterii carcere inclusos nec hominum expertos nec valde curiosos“. Vor allem macht sich dies in der Beurtheilung des Königs geltend. Unter seinen Mitbrüdern war man auf den jugendlichen König nicht allzugut zu sprechen. Wir können hier nicht alle Momente anführen, die diese Missstimmung erregten, jedenfalls gehörte die auf der Erfurter Synode durch Heinrich herbeigeführte Regelung der Zehntangelegenheit mit zu den wichtigsten. Beachtet man ferner, wie oft sich der König in Hersfeld aufhielt, das recht mitten im Schauplatz der Kämpfe lag, was alles die Truppenansammlungen um Hersfeld im Gefolge hatten, so wird man begreifen, dass diese Magenfrage des Klosters auch unsern Bruder Lambert in Angst und Kummer versetzte. Der Zehntangelegenheit wird, wie wir oben Seite 306 zeigten, die Ursache alles Uebels zugeschrieben; das sagt Lambert rund heraus. Schritt für Schritt lässt sich der kleinliche Standpunkt Lambert’s nachweisen, wie er denn auch z. B. für die Investiturfrage, für die Ursachen, die den Bruch Gregor’s mit Heinrich herbeiführten,

  1. Vgl. Kubo p. 23 ff. u. 61.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 324. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_06_324.jpg&oldid=- (Version vom 23.1.2023)