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mehr Enttäuschungen erfahren; überall umgaben ihn die Trümmer gescheiterter Pläne und Hoffnungen. Eben jetzt tobte die Christenverfolgung, welche seine letzten Jahre mit Blut und Flüchen füllte und doch niemals ihr Ziel erreichen wollte. Er war müde und verbittert geworden. Und, was vielleicht den Ausschlag gab, der Abdankungsplan liess sich in eine so hübsche, schematische Form bringen, dass sich aus ihm eine dauernde Institution, ein allgemeines Regierungsprincip entwickeln konnte, geistreich und spitzfindig, wie es Diocletian liebte. Die Vicennalien Maximians, das Fest, mit welchem er den Ablauf seines zwanzigsten Regierungsjahres feiern sollte, standen nahe bevor[1]; schon traf man grosse Vorbereitungen zu den Wettrennen, Thierhetzen und Spielen, die, wie vorher bei der entsprechenden Feier Diocletians, einen ganzen Monat ausfüllen sollten[2]. Liess es sich nicht erreichen, dass fortan jeder Kaiser genau zwanzig Jahre regierte, zehn als Caesar und zehn als Augustus, um dann bei seinen Vicennalien seinem Caesar freiwillig den Platz zu räumen? Dies hätte zwei grosse Vortheile gewährt: erstens hätte jeder Herrscher, ehe er zur Vollgewalt gelangte, eine Probezeit durchgemacht; erwies er sich in dieser untauglich, so konnte er durch die überlegene Macht der Augusti noch rechtzeitig beseitigt werden. Zweitens sahen die beiden Caesaren – denn die Doppelherrschaft sollte natürlich bestehen bleiben – immer in erreichbarer, genau bestimmter Zeit das Ziel der höchsten Gewalt vor sich und konnten so vor ungeduldiger Neigung zu ihrer Usurpation, wie sie Galerius verrathen hatte, bewahrt bleiben. Und dazu diese prächtig klare Ordnung, diese schöne Harmonie wohlgerundeter Zahlen, ganz dazu gemacht, das Herz eines rechnenden Projectenschmiedes zu entzücken! Gesetzlich liess sich so etwas leider nicht einführen, denn der Kaiser stand über dem Gesetz und, wenn er nicht wollte, konnte ihn keiner zum Abdanken zwingen. Doch für den Preis des Diadems liess sich Galerius mit tausend Freuden zu dem Versprechen bereit finden, dass auch er an seinen Vicennalien die Herrschaft niederlegen wolle[3], und Constantius war fügsam, wie immer. Der schwerste Kampf war mit Maximian zu bestehen[4], doch die festgewurzelte Autorität des älteren Augustus bewährte sich auch in dieser gefährlichen

  1. Eumen. paneg. VI 8; 10; 11.
  2. Zeitschr. f. Numism. XII S. 128.
  3. Lact. 20.
  4. Eutrop. IX 27,1; X 2, 3; Vict. Caes. 39, 48.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 74. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_074.jpg&oldid=- (Version vom 31.1.2023)