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an den Kaiser oder dessen Stellvertreter[1]. Gewiss war dies nicht der Weg, um sich die Kirche dienstbar zu machen. Was das Vorgehen des Herrschers bestimmte, waren eben die Lehren des Christenthums, denen er von ganzem Herzen anhing, nicht der Vortheil der weltlichen Gewalten.

Wohl hat Constantin Bischöfe und Geistliche verbannt, aber einerseits vollzog er damit nur die Beschlüsse der Synoden, andererseits war es für die öffentliche Ruhe und Sicherheit nothwendig. Es ist bezeichnend dafür, dass sein Vorgehen gegen Athanasius nicht durch dessen Lehre bestimmt wurde, sondern durch die Anklage seiner Gegner, der Bischof habe den Alexandrinischen Pöbel veranlassen wollen, die nach Constantinopel bestimmten Kornschiffe zurückzuhalten[2]. Wo Gegenbischöfe vorhanden waren, da kam es regelmässig zu Tumulten und Strassenkämpfen, nach denen mitunter hunderte von Leichen das Pflaster bedeckten. Hier Ruhe zu stiften, war die Pflicht jeder geordneten Staatsgewalt, und eine mildere Form liess sich wahrhaftig nicht finden, als wenn der Kaiser das eine der streitenden Parteihäupter aus der Stadt, in welcher es seine Knittelarmee besass, an einen Ort verwies, wo es keinen Aufruhr entzünden konnte. Denn niemals hat Constantin dissentirende Geistliche auf wüste Inseln oder nach Strafkolonien verbannt, sondern er bestimmte ihnen immer ganz behagliche Wohnsitze, die sich von ihrer ursprünglichen Heimath nur dadurch unterschieden, dass sie ungefährlich waren.

Als der Kaiser durch den ersten Krieg gegen Licinius Italien endgiltig erobert hatte, betheiligte er sich persönlich an der Synode zu Arles[3]; als der Orient in seine Gewalt gekommen war, an dem Concil von Nicäa. So eröffnete er in beiden Reichshälften seine Herrschaft damit, dass er sich den erstaunten Unterthanen in der Mitte seiner Bischöfe und als Theilnehmer an deren Beschlüssen vorstellte[4]. Dies war für die Ausbreitung

  1. Const. Sirm. 1. Der vollständige Text bei Schulte, Festschr. zum 50jährigen Doctorjubiläum Windscheids. Bonn 1888. Die Echtheit dieser Urkunde steht über jedem Zweifel.
  2. Athan. apol. c. Arian. 9.
  3. Euseb. vit. Const. I 44; vgl. Zeitschr. f. Kirchengeschichte X S. 507.
  4. Euseb. vit. Const. III 1, 5; 17, 2 in dem angeblichen Briefe Constantins an die Bischöfe: αὐτὸς δὲ καθάπερ εἷς ἐξ ὑμῶν ἐτύγχανον συμπαρών οὐ γὰρ ἀρνησαίμην ἄν, ἐφ᾽ ᾧ μάλιστα χαίρω, συνθεράπων ὑμέτερος πεφυκέναι. Die Urkunde ist zwar gefälscht, doch zeigt sie, in welchem Sinne die
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 98. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_098.jpg&oldid=- (Version vom 31.1.2023)