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Dienste geleistet hatte und dessen Erhebung zum Caesar im J. 305 nur deshalb unterblieben war, weil die Adoption eines gleichalterigen, wenn nicht gar älteren Mannes nicht nur den Gesetzen widersprach, sondern auch den Spott des Publikums wachzurufen drohte. Er hatte daher beschlossen, ihn mit Ueberspringung der Caesarenwürde zum Augustus zu machen, sobald die Stelle seines Collegen freigeworden sei[1]. Die Nachrichten aus Brittannien zerstörten diesen Plan; denn um seinetwillen einen Bürgerkrieg zu entfachen, konnte Galerius nicht wagen. Wusste er doch nur zu gut, dass seine eigenen Soldaten die Zurücksetzung der beiden Kaisersöhne als ein Unrecht betrachteten und namentlich Constantin, der in ihrer Mitte die ersten Proben seines jugendlichen Heldensinnes abgelegt hatte, liebten und bewunderten[2]. Mit einem Heere, das mindestens widerwillig in den Kampf ging, vielleicht sogar auf Abfall sann, liessen sich die siegreichen und zuversichtlichen Legionen von Gallien und Brittannien nicht bezwingen. So machte denn Galerius nach einigem Besinnen gute Miene zum bösen Spiel. Er übersandte selbst dem Constantin ein Purpurgewand und liess sein Bildniss in den Lagercapellen neben dem der andern drei Kaiser aufstellen. Nur verlangte er, dass das jüngste Mitglied des Herrschercollegiums sich mit dem Caesarentitel begnüge und die Würde des zweiten Augustus dem Severus überlasse[3].

Ohne jede Gefahr für sich selbst hätte Constantin dies Ansinnen zurückweisen und die Kaisergewalt in dem vollen Umfange, wie sie das Heer ihm angetragen hatte, behaupten können. Dieselben Gründe, welche dem Galerius seine Anerkennung als Caesar abzwangen, hätten ihn auch zu grösseren Zugeständnissen genöthigt. Dies musste Constantin, der erst kürzlich im Donauheer gefochten hatte und die Stimmung desselben kannte, sehr genau wissen. Und er brauchte sich nicht einmal formell gegen den älteren Augustus aufzulehnen, wenn er dessen Forderung nicht nachgab. Denn mit leichter Mühe hätte er Werkzeuge finden können, um das Heer in Gallien zu tumultuarischen Kundgebungen gegen die Rangminderung seines Kaisers zu veranlassen, und falls er sich darauf berief, dass die Soldaten ihm den Gehorsam

  1. Lact. de mort. pers. 20; Zos. II 11; Eutrop. X 4, 1; Vict. Caes. 40, 8; Socr. I 2.
  2. Lact. de mort. pers. 18; 19; 24; Anon. Vales. 2, 3.
  3. Lact. de mort. pers. 25.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 106. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_106.jpg&oldid=- (Version vom 31.1.2023)