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nicht gestatteten, was konnte Galerius dagegen thun? Aber selbst wenn dieser es wagte, mit seiner Anerkennung grollend zurückzuhalten, so wurde damit nicht einmal die Legitimität, geschweige denn die Machtstellung Constantins angetastet. Waren doch Diocletian, Carus, Probus, Aurelian und fast alle übrigen Kaiser des jüngst verflossenen Jahrhunderts, denen der Staat noch immer göttliche Verehrung erwies, durch das Heer auf den Thron gelangt. Das Wahlrecht desselben war nie gesetzlich beseitigt worden, sondern nur persönliche Verabredungen innerhalb des Herrschercollegiums hatten das Ziel verfolgt, jene gefährliche Befugniss allmählich ihrer Wirksamkeit zu entkleiden. Wenn Constantin, der nicht, wie Galerius und seine Caesaren, durch ein Versprechen gebunden war, den unmassgeblichen Wünschen Diocletians seine Zustimmung versagte, wer konnte ihn deshalb tadeln? Aber diese Wünsche lagen im Interesse des Reiches: wer sich gegen den Willen des ältesten Augustus auf den Willen der Soldaten berief, der hinderte das Mitregentschaftssystem, in dem auch Constantin die Panacee gegen künftige Bürgerkriege zu sehen meinte, sich in den Anschauungen von Volk und Heer zum Gewohnheitsrecht auszubilden, und dies musste vor allem vermieden werden. Nicht seiner augenblicklichen Sicherheit, sondern einem Princip, das ihm für die Folgezeit den Frieden des Reiches zu gewährleisten schien, brachte Constantin das Opfer und liess sich aus der zweiten Stelle im Herrschercollegium in die letzte zurückweisen[1].

Diese grossherzige Entsagung sollte ihren Zweck nicht erreichen. Kaum war sie ausgesprochen, so brach ein Sturm los, der das ganze schön ausgeklügelte System hinwegfegte.

(Schluss folgt.)



  1. Eumen. paneg. VI 5; VII 9.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 107. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_107.jpg&oldid=- (Version vom 31.1.2023)