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zu fürchten, aber es erschien ihm als Todsünde, Bürgerblut zu vergiessen, ohne dass er dazu gezwungen war. Doch so fest er auch daran hielt, immer nur auf gesetzlichem Wege vorzugehen und seinen älteren Collegen alle schuldige Achtung zu erweisen, die Thorheiten der letzteren sollten auch ihn in die Opposition hineinzwingen.

Als Galerius seinen Angriff gescheitert, sein Ansehen bei dem eigenen Heere tief erschüttert sah; als er fürchten musste, dass ein Einfall des Maxentius in seinen Reichstheil ihm auch den letzten Rest seiner Macht und vielleicht das Leben rauben werde: da wusste er sich keinen andern Rath, als bei seinem alten Gebieter Hilfe zu suchen. An Diocletian, den er einst selbst zur Abdankung getrieben hatte, wandte er sich jetzt mit der flehenden Bitte, die Herrschaft auf’s Neue zu übernehmen und dem Reiche, wie er es schon einmal gethan, die Ruhe wiederzugeben. Wie dieser früher die gleiche Aufforderung Maximian’s zurückgewiesen hatte, so blieb er auch jetzt standhaft[1], doch sagte er Rath und Vermittlung zu. In Carnuntum[2], dem Hauptquartier der Pannonischen Heere, einige Meilen donauabwärts von Wien, traf er mit Galerius zusammen. Auch Maximian, der wahrscheinlich zugleich im Namen Constantin’s unterhandeln sollte, fand sich hier ein[3]. Diocletian hatte in den drei Jahren, die er still in seinem Dalmatinischen Ruhesitze zugebracht hatte, nichts gelernt und nichts vergessen. Wie er an seiner Abdankung trotz der erneuten Bitten seiner Collegen hartnäckig festhielt, so wollte er auch im Uebrigen den Zustand, welchen er dem Reiche hinterlassen hatte, unverändert wieder herstellen. Maximian sollte in das Privatleben zurückkehren, und zwei Augusti sollten mit zwei Cäsares das Reich in der alten Weise theilen. Galerius und Maximinus Daja sollten den Platz, welchen Diocletian selbst ihnen früher angewiesen hatte, natürlich behalten. Auch Constantin hatte genügende Proben einer guten Gesinnung abgelegt, um ihn aus dem Collegium nicht ganz auszuschliessen; aber zum Augustus war er noch zu jung[4]. Er konnte ruhig die fünf Jahre warten,

  1. Zos. II, 10, 4; Vict. epit. 39, 6.
  2. Zos. II, 10, 4; Hydat. fast. a. 308; Chron. Pasch. a. 307.
  3. Lact. de mort. pers. 29; Vict. epit. 39, 6.
  4. Dass er wieder zum Cäsar degradirt wurde, ergibt sich mit Sicherheit aus der Reihenfolge der Namen bei dem Consulat von 309. Dindorf,
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 290. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_291.jpg&oldid=- (Version vom 1.2.2023)