Seite:De DZfG 1892 07 292.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

welche bis zu den Vicennalien des Galerius, die ja der Termin von dessen Abdankung sein sollten, noch übrig waren. Unterdessen sollte er Cäsar bleiben und die Stelle des zweiten Augustus dem alten Licinius überlassen[1], der schon früher dafür in Aussicht genommen war. Mit Maxentius, dessen rohe Tyrannennatur deutlich hervorgetreten war, wollte Diocletian kurzen Process machen. Hatte er selbst doch so viele Usurpatoren abgethan: warum sollten seine Nachfolger nicht mit diesem einen fertig werden? Licinius, welchem Pannonien[2] und der Italische Reichstheil zugewiesen wurden, erhielt mit diesem zugleich die angenehme Aufgabe, der Katz die Schelle anzuhängen[3]; um der Krone willen übernahm er sie, hat sich aber immer vor ihrer Ausführung weislich in Acht genommen. Am 11. November 308 wurde er feierlich mit dem Purpur bekleidet[4]. Dies und die erneute Abdankung Maximian’s, der zum zweiten Male der Autorität seines alten Mitregenten nicht zu widerstehen vermochte[5], waren aber auch die einzigen Resultate des Congresses von Carnuntum. Diocletian sah mit hoher Genugthuung sein System bis in die kleinsten Einzelheiten gerettet, aber er hatte es diesmal völlig in die Luft gebaut, ohne auf die Zustände, welche sich auf Erden entwickelt hatten, irgend welche Rücksicht zu nehmen.

Constantin hatte er mit väterlichem Wohlwollen zu behandeln gemeint; aber so sehnlich dieser auch die Eintracht im Herrschercollegium aufrecht erhalten wünschte, den Beschlüssen von Carnuntum konnte er sich gar nicht fügen, selbst wenn er gewollt hätte. Er wäre bei seinen Truppen, auf deren Zuneigung seine ganze Macht beruhte, zum Gespötte geworden, falls er den Augustustitel, welchen er sich bei seiner Vermählungsfeier mit so grossem Prunk hatte verleihen lassen, zum zweiten Male kleinlaut bei Seite gethan hätte. Nicht einmal das Consulat, welches

    Chron. Pasch. II S. 178. Wäre Constantin als Augustus anerkannt worden, so hätte er nach der Anciennität dem Licinius vorangehen müssen; nur als Cäsar konnte er die zweite Stelle zugewiesen erhalten.

  1. Lact. de mort. pers. 29; Anon. Vales. 3, 8; Zos. II, 11; Eutrop. X, 4, 1; Vict. Caes. 40, 8.
  2. Anon. Vales. 3, 8.
  3. Anon. Vales. 5, 13; Zos. II, 11.
  4. Hydat. fast. a. 308; vgl. Jahrbb. f. class. Philol. 1889, S. 627 ff.
  5. Eumen. Paneg. VII, 16; Lact. de mort. pers. 29.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 291. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_292.jpg&oldid=- (Version vom 1.2.2023)