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sein musste. Er verlobte sich mit dessen Schwester Constantia und erwarb so nach Constantin’s neuer Legitimitätstheorie das Recht auf einen Antheil an der Erbschaft des Divus Claudius. Der Bruder der Fausta gehörte bereits zur Verwandtschaft, und auch mit Maximin hätten sich bei einigem guten Willen ähnliche Bande knüpfen lassen, so dass alle Kaiser wieder eine Familie gebildet hätten. Aber die Beiden, welche sich nicht bedroht wussten, hatten keinen guten Willen. Maxentius hatte mit seinem Vater stets in Feindschaft gelebt; als aber dieser, wie das Gerücht sagte, auf Constantin’s Befehl gestorben war, erhob er den Aufrührer, dessen Andenken in Gallien mit dem Fluche belegt war, in Rom unter die Götter, liess Münzen zu seiner Erinnerung schlagen und forderte Genugthuung für seinen Tod[1]. Dass der pietätvolle Sohn nur deshalb seine edle Entrüstung zur Schau trug, um einen anständigen Kriegsgrund zu gewinnen, konnte Constantin nicht lange verborgen bleiben. Immer noch suchte er den Frieden, doch die Unterhandlungen wurden bald scharf und gereizt und endeten damit, dass Maxentius in seinem Reichstheil die Statuen Constantin’s umstürzen liess und ihn officiell als Tyrannen brandmarkte[2]. Dies war die förmliche Erklärung des Krieges; ihm auszuweichen war nicht mehr möglich; das Heil des Reiches lag jetzt in seiner energischen Führung und schnellen Beendigung.

So sehr Constantin auch bemüht gewesen war, den Kampf zu vermeiden, hatte er ihn doch schon lange kommen sehen und auf das sorgfältigste vorbereitet. Ueber die Truppen des Maxentius war er genau unterrichtet und hatte die seinen durch langwierige Exercitien darauf eingeübt, gerade diesen Soldaten und ihrer eigenthümlichen Kampfart wirksam entgegenzutreten[3]. Trotzdem war die Zeit für ihn die denkbar ungünstigste. Denn eben gährte es wieder unter den Germanen, und ein neuer Angriff von ihnen schien nahe bevorzustehen. Da Constantin pflichttreu genug war, sein Gallien nicht schutzlos den Barbaren preiszugeben, so konnte er kaum ein Viertel seiner Truppenmacht

  1. Lact. de mort. pers. 43; Zos. II, 14, 1; Eckhel VIII, S. 26; Henz. 5562 a.
  2. Nazar. Paneg. X, 12.
  3. Dies ergibt sich aus dem Manöver, durch welches er die Schlacht bei Turin gewann. Dasselbe ist so complicirt und schwierig, dass es nur nach langer Uebung gelingen konnte (s. unten).
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 304. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_305.jpg&oldid=- (Version vom 2.2.2023)