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dessen Spruch lauten würde, konnte man freilich voraussehen, und auch sein Geschöpf, Martinianus, wurde in den Untergang des Licinius mit hineingezogen[1]

Das Leben des jungen Licinius tastete Constantin einstweilen nicht an; er fühlte sich jetzt auf dem Throne zu sicher, um das Prätendententhum eines Knaben zu fürchten. Erst eine Erfahrung seiner allerletzten Jahre sollte ihn belehren, wie heiss noch immer der Boden unter seinen Füssen war und wie leicht der Friede des Reiches gestört werden konnte. Ein gewisser Calocerus, welcher nur die unbedeutende Stellung eines Aufsehers der kaiserlichen Kameelherden bekleidete, brachte es noch um das Jahr 335 fertig, sich zum Kaiser ausrufen zu lassen und einen Aufstand auf der Insel Cypern anzuzetteln. Schnell ereilte ihn die verdiente Strafe[2][WS 1], aber das Misstrauen Constantin’s war durch diese unerwartete Erhebung wachgerufen und wandte sich jetzt auch gegen Licinius, der unterdessen zum Jüngling herangereift war. Wenn schon ein niederer Beamter dies vermocht hatte, welche Gefahr drohte dann erst von dem Kaisersohne, der als Kind selbst den Purpur der Cäsaren getragen hatte! Zwar konnte sich in dem militärisch schwachen Afrika, wo Licinius lebte, ein Usurpator nicht auf die Dauer behaupten und, durch Meer und Wüste von dem übrigen Reiche getrennt, vermochte er auch die Empörung nicht über die anderen Provinzen zu verbreiten. Für seine Person also brauchte Constantin nichts zu fürchten, um so mehr aber für die unglücklichen Landschaften, welche sich dem Aufstande anschlossen. So erklärte er denn gleich nach der Erhebung des Calocerus (Anfang 336) durch ein Gesetz die Legitimation von Kindern, welche Standespersonen mit Sklavinnen, Freigelassenen oder übelberüchtigten Weibern erzeugt hatten, selbst wenn sie durch kaiserliches Rescript erfolgt war, für ungültig, beraubte die Bastarde jedes Erbrechts und wies sie dem Stande ihrer Mutter, welchem sie nach dem gemeinen Recht angehörten, wieder zu. So machte Constantin den jungen Licinius,

    Geschichte Constantin’s. Philologus N. F. I, S. 53 ff. Dass die Gerichtsbarkeit des Senats in ähnlichen Fällen angerufen wird, ist auch sonst im vierten Jahrhundert nicht selten. Amm. XXVIII, 1, 23; Zos. V, 11, 1; Symm. epist. IV, 5, 2.

  1. Anon. Val. 5, 29; Zos. II, 28, 2; Vict. epit. 41, 7.
  2. Vict. Caes. 41, 10; Hieron. chron. 2350.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage (in der Anmerkung): a. 2350
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 357. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_358.jpg&oldid=- (Version vom 4.2.2023)