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des dort commandirenden Obersten von den Dragonern Wangelin[1] vor, der indessen erheblich Neues nicht bietet, und in seinen Einzelheiten nicht durchweg verständlich ist, weil der von ihm mit Buchstaben versehene Stadtplan[2], auf den er unausgesetzt Bezug nimmt, fehlt, die mir vorliegenden neueren Pläne aber mit seinen Angaben nicht recht stimmen. Bemerkenswerth ist jedoch, dass Wangelin nichts davon weiss, dass (wie neuerdings allgemein angegeben wird) die unter Oberst-Lt. Kanne und Generaladjutant Kanowski entsandte Abtheilung Musketiere an der Südseite der Stadt gelandet, die steil zur Havel fallenden Gärten dort erstiegen, die Stadtmauer angegriffen habe, und anfänglich der Havel wieder zugetrieben worden sei[3].

Ihm zufolge hätte vielmehr dieses Detachement die Havel eine halbe Meile oberhalb der Stadt bei Döberitz[4] auf Kähnen überschritten, sei auf dem Wege Brandenburg-Rathenow vorgerückt, habe hierbei seine nach Brandenburg geschickten Boten abgefangen und dann direct das vom Hauptmann Taube vertheidigte Steinthor angegriffen[5].

Der Angriff sei schliesslich gelungen, weil ein anderer Trupp unter dem Schutz des Feuers von den Mühlen her, um dem genannten Capitän näher auf den Leib zu rücken, über eine

  1. Vgl. über ihn Brode in Märk. Forsch. XX, 65 ff.
  2. Die Angabe bei Bergau, Inventar S. 621, dass sich im „Bär“ 1875 Nr. 6 ein „Plan der Stadt von 1675“ finde, ist materiell falsch; dieser Plan ist so gut wie die übrigen an jener Stelle auf Grund neuerer Karten vom damaligen Secundaner Eduard Müller entworfen; die Lokalbeschreibung, welche v. Buch (23* ff.) gibt, stimmt ebensowenig damit überein wie die von der Südseite der Stadt aufgenommene Ansicht bei Merian (Verkleinerte Reproduction in Berner’s Gesch. d. Preuss. St. 195), welche z. B. die Wasserläufe in dieser Gegend ganz anders darstellt.
  3. v. Witzleben u. Hassel S. 75.
  4. Döberitz liegt weit über eine Meile südlich von Rathenow; auch v. Staël nennt diesen Ort als Uebergangspunkt der Brandenburger; ich möchte eher einen Irrthum in der Entfernung als im Ortsnamen annehmen.
  5. Vgl. „Fernere Relation“ (38*. 39*): darauf wurden sofort 500 Musquetierer unter dem Commando des Gen.-Adjut. Canofsky und Oberst-Lt. Kannen oberhalb der Stadt ganz heimlich mit Kähnen über die Havel gesetzet… Sobald der Gen.-Adjut. Canofsky, welcher mit den Seinen schon über die Havel gesetzet war, die Attaque bei der Brücke hörte, drang er von der Landseite auf das Thor zu, bemächtigte sich des kleinen Pförtleins, und ob er zwar anfangs repoussirt ward, drang er doch durch und gewann das Thor.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 381. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_382.jpg&oldid=- (Version vom 16.2.2023)