Seite:De DZfG 1892 07 401.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

eine auffallende Thatsache, wenn man bedenkt, dass Giovanni Villani höchst wahrscheinlich und Giannozzo Manetti sicherlich die „Istorie pistolesi“ gekannt haben[1]. „L’autore di esso“ (nämlich des Breve comentario de la divisione di Pistoia), sagt unser Copist, „non m’è noto; ma l’ho ritratto da un libretto d’un cittadino Pistorese, quale era la compositione stessa e scritto in penna“.

Das Auffallende an der Handschrift des Magni, deren Vorlage sich somit in Pistoia befand, liegt nun darin, dass dieselbe ein Anfangscapitel enthält, welches im Codex Borghini – und sohin in allen Ausgaben – fehlt; während sie bereits auf S. 211 des Borghini’schen Textes endet, also weder das Schlusscapitel über die Aerzte von Paris, noch jenes über den Tod des Papstes Bonifaz enthält, welche Jacopo de’ Ambrogi seinem Texte zugefügt hat, ohne dass dieselben mit den „Istorie pistolesi“ das Geringste zu thun hätten.

Es lässt sich nun weiter mit Sicherheit darthun, dass die „Istorie pistolesi“ den gelehrten Annalisten des 16. und 17. Jahrhunderts, welche die Geschichte von Pistoia geschrieben haben, eben in der Form des Codex palatinus vorlagen, und dass derselbe auf einer besseren Ueberlieferung ruht als die Handschrift Borghini’s.

Das Eingangscapitel, von dem oben die Rede war, berichtet von grossen Erdbeben, die im Anfang des Jahres 1300 acht Tage lang gedauert haben sollen. Die Bevölkerung verliess die Wohnungen und übernachtete vor der Stadt auf der Piazza San Francesco. Das Gewölbe über dem Altar Sanct Martin’s im Dome stürzte ein; in ihrer Todesangst versöhnten sich alte politische Gegner und gaben sich auf offener Strasse, auf den Knieen, den Friedenskuss. Kaum aber war die Gefahr vorüber, so gingen die Parteiungen von Neuem an. – An diesem Punkte angelangt, knüpft die Erzählung an den Text Borghini’s an. „Passato il pericolo, in che s’erano trovati, poco sterono li Pistoiesi, che ritornarono a cozzarsi insieme, non obstante li segni, che Dio haveva lor mostrati. Ne la ditta città erano assai nobili e possenti cittadini, fra quali era una schiatta, quali si chiamavano de’ Cancellieri“ und so fort.

Der Text des Borghini hat eine von dieser ganz verschiedene Einleitung, welche dem Werk einen besonderen Charakter aufzudrücken sucht, indem sie erklärt, dass in den „Storie di questo scrittore“ eben der Ursprung und die Geschichte der Parteiung der Weissen und Schwarzen solle beschrieben werden. Der Ton dieses ersten

  1. Vgl. die Ausgabe von Prato (1835) auf pag. viij ff. der Einleitung. Machiavelli möchte eine uns verlorene Pistoieser Chronik vorgelegen haben, da er von den Storie pistolesi unabhängige Angaben macht. S. meine Studi pistoiesi, pag. 34.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 400. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_401.jpg&oldid=- (Version vom 16.2.2023)