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wir ihrer Fortsetzung mit vollstem Vertrauen entgegensehen und der sicheren Zuversicht, dass die von Friedensburg herausgegebenen Nuntiaturberichte einst eine der wichtigsten Quellen zur Geschichte der Reformationszeit sein werden.

H. Baumgarten.     


Der Struensee’sche Process. Eine vor wenigen Jahren gegründete juristische Zeitschrift für den Germanischen Norden bringt aus der Feder eines der tüchtigsten Dänischen Juristen, des Obergerichtsassessors Dr. Niels Lassen in Kopenhagen, eine Abhandlung über den Struensee’schen Process, welche auch für den Historiker von erheblichem Interesse ist (Tidsskrift for Retsvidenskab, IV. Jahrgang 1891, S. 218–303). Auf eigenem Studium der im Dänischen Reichsarchiv aufbewahrten Acten beruhend, beabsichtigt diese Arbeit eine erneute Prüfung des Processes vom juristischen Standpunkt aus und behandelt daher gesondert den äusseren Gang des Processes, die einzelnen Anklagepunkte und die auf sie bezüglichen Beweisbehelfe, sowie die über den Angeschuldigten verhängte Strafe. Der zweite Abschnitt ist natürlich der für den Historiker weitaus wichtigste, und wird auch vom Verfasser weitaus am ausführlichsten behandelt.

Die Anklagepunkte hat der Verfasser in fünf Gruppen geordnet, von denen die erste die Anschuldigung eines widerrechtlichen Liebesverhältnisses mit der Königin Karoline Mathilde umfasst (S. 224–28). Bezüglich ihrer liegt bekanntlich ein Geständniss sowohl des Angeklagten selbst als auch der Königin vor, und kann somit, wie auch geschehen, nur etwa die Frage aufgeworfen werden, ob diese Geständnisse nicht erzwungen oder erschlichen seien. Der Verfasser verneint diese Frage, anscheinend aus guten Gründen; volle Gewissheit wird freilich nicht zu erreichen sein, so lange die auf diesen Punkt bezüglichen Verhörsprotokolle aus leicht begreiflichen Gründen der Oeffentlichkeit entzogen bleiben. Die andere Frage aber, ob das Vergehen von dem Gerichte mit Recht unter D. L. 6, 4, 1 subsumirt und somit als crimen laesae majestatis aufgefasst worden sei, kann hier, als nur von technisch juristischem Interesse, bei Seite gelassen werden. – Die zweite Anschuldigung geht auf die Usurpirung und den Missbrauch der Staatsgewalt durch Struensee, und sie ist die weitaus wichtigste, aber freilich auch am schwersten zu behandelnde (S. 228–79). Bekannt ist ja, dass Struensee die ganze Ausübung der Staatsgewalt an sich zu reissen wusste, indem er zunächst eine Cabinetsregierung einführte, welcher gegenüber der Geheimerath alle Bedeutung verlor, dann aber durch einen Erlass vom 27. December 1770 diesen völlig abschaffen und durch eine

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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 415. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_416.jpg&oldid=- (Version vom 16.2.2023)