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Gestirnen sich lebendig erhielt. Sogar Kaiser verschmähten es nicht, diese Kunst zu üben zu einer Zeit, wo bei den Lateinern höchstens so augenfällige Ausnahmeerscheinungen, wie die eines Kometen oder einer Sonnenfinsterniss, eine abergläubische Beobachtung der Zeichen des Himmels wachriefen[1]. Ganz vereinzelt begegnet uns eine Gestalt wie jener Bischof Gislebert von Luxeuil, der, seines Zeichens Mediciner und überhaupt nicht sehr geistlich gesinnt, mit seinen Klerikern Naturwissenschaften treibt und als „sagax horoscopus“ in der Nacht des 4. April 1095 grosse Wanderungen der Völker prophezeit. Noch galt die Sterndeutung im Occident für eine seltene Kunst, nachdem man sich gelegentlich des ersten Kreuzzugs von ihrer alten Blüthe im Orient überzeugt hatte[2]. Aber schon im ersten Drittel des 12. Jahrhunderts treffen wir abendländische Angriffe gegen die Astrologie, welche auf ihre zunehmende Bedeutung schliessen

  1. Vgl. z. B. die Vita Hludowici Imp. von dem sogen. Astronomen (Mon. Germ. SS. II, 642 f.; 646 f.); Rodulfus Glaber III, 3; 9; IV, 9; V, 1; 3); die Beispiele liessen sich ohne Mühe häufen. – Ueber die Astrologie bei den Byzantinern vgl. J. H. Krause, Die Byzantiner des Mittelalters (Halle 1869), p. 396 ff. Die berühmten Orakelverse Kaiser Leo’s VI., des „Philosophen“, die Gibbon auf Astrologie zurückführt, lassen allerdings in dem Text bei Migne, Patrol. Gr. CVII, 1121 ff. davon nichts merken. Wenn aber Byzantin. Geschichtschreiber des 10. Jahrh. davon sprechen, dass „Astronomie und Weissagung“ bei den Persern noch in Blüthe stehen sollen (Corpus scriptorum hist. Byzant. XXIX c, 111; 626), so war diese Blüthe damals auch in Konstantinopel selbst zu beobachten ; vgl. z. B. über Nikephoros: Leo Diaconus, Hist. IV, 6; X, 6 (ebd. XVI, 64; 168 f.). Eine Weissagung, welche die Dauer der Sarazenenherrschaft auf 336 Jahre berechnet, bei Leo Grammaticus (ebd. XVII, 152 f.). Scharfe Bekämpfung der offenbar auch in Byzanz zunehmenden Bedeutung der Astrologie z. B. bei Anna Comnena († 1148, ebd. VII a, 290 ff.), und namentlich bei dem Staatsmann, Theologen und Historiker Nicetas Choniates († nach 1206, vgl. Migne, Patrol. gr. CXXXIX, 381; 432 f.; 572; 1343 ff.).
  2. Vgl. Ordericus Vitalis, Hist. eccl. V, 4; IX, 2; über die angebliche Weissagung der Mutter des Emirs Kerboga vom Sieg der Christen (1098): Anonymi Gesta Francorum et aliorum Hierosolymitanorum (ed. Hagenmeyer, Heidelberg 1890) XXI, 9 (p. 327 ff.). Abt Guibert von Nogent sagt in seinen Gesta Dei per Francos: „scientia scilicet astrorum, quae quo apud Occidentales tenuior extat et rarior, eo apud Orientales, ubi et originem habuit, continuo usu ac frequenti memoria magis fervere cognoscitur“ (Recueil des hist. des croisades. Hist. occidentaux. IV, 246; vgl. auch III, 814; IV, 193).
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 36. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_08_036.jpg&oldid=- (Version vom 25.2.2023)