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sich innerhalb der natürlichen Grenzen vollziehen. Eine solche natürliche Seite habe aber neben der wunderbaren und übernatürlichen, die der Constellation nicht unterliege, auch das Christenthum, und es sei also dem Glauben keineswegs zuwider und mit der natürlichen Vernunft übereinstimmend, sich mit der Nativität Christi zu befassen, von deren Gestaltung allerdings „die natürliche Güte seiner Complexion“ abhängen konnte[1]. Der Cardinal trug kein Bedenken, seine Ansicht unter Berufung auf Albumasar und Albert den Grossen sogar von der Kanzel herab zu verkündigen, freilich nicht ohne zuletzt vor Missbrauch der Astrologie zu warnen und an „jenen höchsten Astronomen und erhabenen Schöpfer der Gestirne“ zu verweisen[2].

Auf Grund eines recht dürftigen historischen Wissens[3] versucht

  1. Ebd. cap. 7: „Non est ergo fidei dissonum et est rationi naturali consonum, quod sub bona celi dispositione seu constellatione natus fuerit, a qua complectionis bonitas naturaliter in eo dependere potuit; – – – unde iuxta hunc modum non videtur inutile figuram nativitatis Christi veraci calculatione describere, ut innotesceret secundum astronomos, qualis tunc erat dispositio celi." Vgl. Tschackert, Appendix p. 44; Petrus de All., Elucidarium astronomice concordie cum theologica et hystorica veritate cap. 2 (citirt Albertus Magnus; vgl. oben S. 41); Horoskop Christi ebd. In der Conc. astron. verit. cap. 47 wird jene oben S. 48 Anm. 1 angeführte Stelle des Albumasar über Alexander, Christus, Mani und Muhammed hervorgezogen, obwohl Ailli im cap. 50 nicht weiss, was mit der Religion (des Mani) „inter paganos et Nazarenos“ gemeint sei und sie auf die von Isidor, Etymol. VIII, 5 erwähnte Secte der Nazaräer beziehen will. Im Elucidarium cap. 34 wird die Nativität Christi noch genauer behandelt; wegen der „gloria Saturni“ ist Christus der König der Juden; „ex Libra vero, in quantum est domus Veneris, nihil videtur Christus participare, in quantum homo, nisi quod in laudem eius extolluntur cantica musicalia. – Hec autem dicta sunt de Christo quantum ad eius humanitatem, quia verus et naturalis homo fuit“. Nur aus Rücksicht für seinen Lehrer und Freund Ailli gibt Gerson, der übrigens die Astrologie nicht unbedingt verwerfen will, die abstracte Möglichkeit zu, „es könnten mit der Erlösung durch Christus gewisse Stellungen der Himmelskörper im Einklange gewesen sein“ (J. B. Schwab, Johannes Gerson, Würzburg 1858, p. 715).
  2. Vgl. Tschackert p. 280; Appendix Nr. XIII; schon 1414 in einer (nicht gehaltenen) Predigt zieht er die Astrologie herein, ebd. p. 197.
  3. Ebd. p. 339. Die Notiz z. B. der Concordia cap. 55 über den Tod Kaiser Arnulf’s an der Läusesucht aus Vincentius Bellov., Speculum historiale XXIV, 58; ebenda I, 61 findet sich der Conc. cap. 8 erwähnte Sohn Noah’s Jonichus. Ein Ansatz zur Kritik gegenüber dem Pseudo-Ovid de Vetula vgl. oben S. 52 Anm. 1.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 59. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_08_059.jpg&oldid=- (Version vom 26.2.2023)