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die Nothwendigkeit einer endgültigen Beseitigung der letzten Dänisch-Russischen Missverständnisse empfand, und dass beider Bestrebungen von Bernstorff wie Panin durchaus gebilligt wurden, – so kann es kaum befremden, dass die Dänisch-Russischen Verhandlungen in Kopenhagen einen glatten Verlauf nahmen und schon am 22. April 1767 zur Unterzeichnung eines provisorischen Tractats in der Holsteinischen Frage führten, trotz der Gegenbemühungen der Grossbritannischen Diplomatie und der Intriguen des Preussischen Gesandten v. Borcke, welcher damals im Auftrage seines Königs auf den Sturz des Dänischen Premierministers und dessen Ersetzung durch den preussenfreundlichen Grafen Asseburg eifrig hinarbeitete[1].

In Polen war der durch Russische und Preussische Hilfe (September 1764) zum König erwählte, ehemalige Liebhaber Katharina’s, Stanislaus Poniatowski, aus einem gefügigen Werkzeug seiner Beschützer ein Herrscher geworden, der nur den Eingebungen seiner Oheime, der Fürsten Czartoryski, folgte und sich ernstlich mit Reformgedanken trug. Aber die Polnische Politik der Alliirten ging keineswegs darauf aus, ihren Schützling selbständiger oder das von ihm regierte Land gegen auswärtige Einflüsse widerstandsfähiger zu machen; weshalb die Bevollmächtigten Russlands und Preussens sich auf den Warschauer Reichstagen 1766 und 1767 allen Reformversuchen energisch widersetzten; bekanntlich mit bestem Erfolge, zumal sie durch geschickte Hineinziehung der Dissidentenfrage auch die Unterstützung der protestantischen Mächte England, Schweden und Dänemark erlangten[2].

Nirgends fanden die Vorgänge in Polen stärkeren Widerhall als in Schweden. Denn dort musste sich jedem unbefangenen Beobachter die Aehnlichkeit zwischen dem Vorgehen Russlands in Warschau und in Stockholm unabweisbar aufdrängen. Gerade in den Tagen, wo der allmächtige Fürst Repnin dem Polnischen

  1. Vgl. Vedel S. 284 u. 291–300, sowie Solovjev XXVII, 209–13 u. 262–65. – Es wäre wünschenswerth, dass die Borcke’sche Episode einmal auf Grund der Akten des Berliner Geh. Staatsarchivs eingehend untersucht würde, zumal die oben Genannten wie andere [Dänische] Quellen die Preussische Politik jener Tage in einseitig ungünstigem Lichte schildern.
  2. Ausführlicher bei Solovjev, Geschichte des Falles v. Polen (Gotha, 1865) u. A. Beer, Die erste Theilung Polens. Bd. I (Wien, 1873).
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 78. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_08_078.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2022)