Seite:De DZfG 1892 08 141.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Friedrich der Grosse war, obwohl er, wie wir wissen, Ende Januar 1773 den brieflichen Verkehr mit Gustav abgebrochen[1], dennoch ein aufmerksamer Beobachter der Vorgänge im Norden geblieben. Mit lebhafter Besorgniss hatte er die täglich zwischen Schweden und Russland sich vergrössernde Spannung bemerkt, zumal sie in ihm die Befürchtung wachrief, sein Neffe werde schliesslich den Lockungen der Pforte unterliegen und nach Abschluss eines Schwedisch-Türkischen Subsidienvertrages die Offensive gegen Russland ergreifen[2]. Ja, als Mitte April in schneller Folge die Meldungen von den energischen Rüstungen Schwedens und vom Scheitern des Bukarester Friedenscongresses in Berlin eintrafen, hielt er einen Friedensbruch von Seiten Gustav’s für so nahe bevorstehend, dass er sich zu einem letzten Verzweiflungsversuch entschloss und dem Petersburger Hofe seine persönliche Vermittlung behufs Zurückhaltung Schwedens anbot, während er gleichzeitig nochmals die Oesterreichische Regierung zur Intervention im Norden zu bestimmen suchte[3]. Desto aufrichtiger war natürlich seine Freude, als er von dem Inhalt der Russischen Friedensdeclaration vom 24. April Kenntniss erhielt, durch welche jede weitere Friedensvermittlung völlig gegenstandslos gemacht wurde[4]. Dies erkannte denn auch das Russische Ministerium und lehnte den Preussischen Mediationsvorschlag mit verbindlichstem

  1. Aus den Immediaterlassen an Behnisch geht übrigens hervor, dass auch noch später zwischen Friedrich und seiner Schwester eine recht lebhafte Correspondenz stattgefunden haben muss. Obwohl der Inhalt jener Briefe uns nicht bekannt ist, dürfen wir doch mit Sicherheit annehmen, dass der Nordischen Vorgänge in ihnen vielfach gedacht wurde.
  2. Vgl. z. B. Friedrich an Behnisch, 2., 14. März u. 2. April.
  3. Hjelt S. 199. – Wie trübe sich Friedrich das künftige Geschick Schwedens vorstellte, zeigen seine Worte an Behnisch, 28. März: „Je me flatte – – – encore toujours qu’on sera plus avisé là où vous êtes et qu’on n’agira pas avec si peu de réflexion qu’on le suppose. Si toutefois on devait s’y porter à des hostilités contre la Russie, il n’y aurait que le ciel seul qui pourrait leur être en aide pour les tirer d’affaire et du plus grand malheur“. An Voltaire schrieb er, 4. April: „Votre Impératrice a bien des ressources. Le Nord demeurera tranquille ou ceux qui voudront le troubler, tout froid qu’il est, s’y brûleront les doigts“ (Oeuvres XXIII, 246). Tegnér S. 229 hat diese Worte völlig missverstanden.
  4. Friedrich an Solms, 27. April: „Cette pièce m’a – – – fait un plaisir infini et, si les deux Cours continuent dans la même voie, je me flatte que l’orage pourra encore être conjuré et que les nuées qui s’étaient formées sur cet horizon, se dissiperont entièrement“. Hjelt S. 199 Anm. 5.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 141. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_08_141.jpg&oldid=- (Version vom 13.9.2022)