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Ursache der Fortdauer des Kriegs. Denn auch die Entschädigung des Kurfürsten von Baiern betrifft, da sie ihm nach Französischem Vorschlage durch den temporären Besitz von Luxemburg gewährt werden sollte, nur das Hausinteresse des Kaisers. Es handelt sich um Ausdehnung der Oesterreichischen Interessensphäre in Italien und den Niederlanden.

Da dieses Ultimatum vom Gegner abgelehnt wurde und der Krieg fortdauerte, pflegt herber Tadel die kaiserliche Politik zu treffen, die angeblich wieder den rechten Augenblick zum Friedensschluss versäumt habe und nach einer ungünstigen Campagne erst zum Nachgeben gezwungen werden musste, um dann mit Landau die Kosten der Zögerung zu zahlen. Es wird sich am Schlusse dieser Auseinandersetzungen erweisen, dass jener Tadel ungerechtfertigt ist, dass der Friede von Rastatt thatsächlich für die kaiserliche Macht ein viel günstigerer gewesen ist, als es der in Utrecht zu schliessende hätte sein können.

Eine „risoluzione grande e azzardosa“[1] war in Wien gefasst worden; eine Entschliessung, welche die jetzt innig befreundeten Höfe von England und Frankreich auf das allerunangenehmste in ihrem Wohlbehagen über den glücklich gelungenen Frieden störte.

Die Franzosen machten durchaus kein Hehl daraus, dass sie, wäre die Energie des Wiener Hofs vorauszusehen gewesen, andere Saiten aufgezogen hätten[2]; übergross war ja die Sehnsucht, das Bedürfniss nach Frieden im Französischen Volke; selbst Ludwig XIV., auf einer Höhe des Alters angelangt, wo jeder weitere Tag ein Geschenk des Himmels wird, mochte vor dem Gedanken zurückbeben, neuen Krieg seinem erschöpften Lande zuzumuthen, etwa ihn gar dem Urenkelkinde, das ihm nachzufolgen bestimmt war, zu vererben.

Und die leitenden Englischen Minister, vor Allen Bolingbroke, der immer mehr die führende Rolle ergriff, sahen das Grundgerüste ihrer Politik wanken: sich und ihrer Partei auch über das Leben der Königin hinaus die Herrschaft zu bewahren, vor einer etwaigen Verantwortung einem neuen Whigregimente gegenüber sicher zu sein, dafür zu sorgen, wenn nöthig unter

  1. Eine Aeusserung Fürst Trautsohn’s, berichtet von Vettor Zane am 19. Apr. 1713, W. S. A. F.
  2. Heems’ Bericht aus dem Haag vom 30. Mai 1713, W. S. A.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 265. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_08_278.jpg&oldid=- (Version vom 8.3.2023)