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angeborene diplomatische Routine mit. Einen weiteren Vortheil besass der Oesterreichiche Unterhändler dadurch, dass er nur im Sinne seines Herrn und Kaisers handelte, während Villars Privatvortheile absah aus der Vollendung des Friedens: Auszeichnung und unsterblichen Ruhm, nicht minder als Diplomat, wie als Feldherr. Von seinem militärischen Talente besass er ja schon eine ungeheure Meinung, wozu die masslos übertriebene Affaire von Denain den Hauptanlass gegeben hatte. Der unleugbare Erfolg, den der Marschall hier über weit schwächere Truppen, die noch dazu keinen Augenblick an energischen Widerstand dachten, errungen hatte, war dann von Französischer Seite thurmhoch über seine wahre Bedeutung erhoben worden[1]. Da nun in diesem Feldzuge noch die Einnahme von Landau und Freiburg dazu kam, die wohl nicht gegen Prinz Eugen, aber immerhin trotz ihm gelungen war, mochte sich Villars der grösste Feldherr seiner Zeit dünken. Dass er als solch bedeutender Mann unverrichteter Sache hätte Rastatt verlassen, die Unterhandlung aufgeben sollen, schien ihm unerträglich.

Wird so von Französischer Seite Villars’ Eitelkeit ganz mit Recht hervorgehoben und dieser die Schuld an den ungünstigen Bedingungen des neuen Friedens beigemessen, so darf man auch nicht ausser Acht lassen, dass dem Marschall die Sehnsucht, ja das unbedingte Bedürfniss Frankreichs, aus innerer Ermattung und mit Rücksicht auf die bevorstehende Aenderung der Regierung in England Frieden zu schliessen, nur zu gut bekannt war; man darf ferner nicht ausser Acht lassen, dass Ludwig XIV. ja eben erst eine sehr unerwartete Lection vom Kaiser darüber erhalten hatte, was beleidigter Stolz und das berechtigte Gefühl verletzter Würde bei diesem vermochten; überdies wies die ganze Haltung Prinz Eugens darauf hin, dass der Wiener Hof bei gleicher Lage gleich handeln werde. Dies wurde aber dadurch mit beeinflusst, dass man in Wien genaue Kunde hatte davon, dass Frankreich den Frieden um jeden Preis wolle[2]. Es

  1. Und zwar in damals vom Standpunkte Ludwig’s XIV. aus nicht unberechtigter Weise; wollte er doch nach so vielen Niederlagen einmal wieder gesiegt haben. Dass aber die modernen Französischen Historiker noch immer bei dieser Reclame mitthun, erscheint unbegreiflich.
  2. Torcy schreibt ganz richtig an Bolingbroke: Vous connoissez, Monsieur, les dispositions du Roi pour la paix; peut-être que si les ennemis
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 277. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_08_290.jpg&oldid=- (Version vom 8.3.2023)