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halten zu können durch eine entsprechende Vergrösserung der Entschädigung, die ihm für die Oberpfalz gebührte. Es war ein Angebot, auf welches Ludwig gerne einging, das aber in Wien unangenehm berührte: einmal principiell wegen des zu gebenden Aequivalents, dann aber, weil das Amt Germersheim zufolge seiner Nähe an Philippsburg und als Hinterland von Landau nicht in Französische Gewalt fallen sollte. Die Conferenz in Wien beschloss auch, es sei unbedingt die Schleifung der Festungswerke von Kehl und Altbreisach jener Abtretung vorzuziehen, wozu der Kaiser die Anmerkung machte: „es müsste dann seyn, dass die Reichsstände auff so spötliche gedancken fiellen, dass sie auch das letztere Aequivalent eingestehen sollten“[1].

Als Villars am 26. December seine Verhandlungen mit Prinz Eugen wieder aufgenommen hatte, meinte er wohl ebenso wie sein Souverän, dass sie in kürzester Zeit zu Ende gebracht werden könnten. Er hatte da eine neue Enttäuschung zu erfahren, alle die „points mineurs“ wurden jetzt zu Hauptsachen. Spricht der eine von der Entschädigung des Neapolitanischen Herzogs von St. Pierre, so fordert der andere die des Herzogs von Lothringen, befürwortet der Franzose die Wünsche Rakoczy’s, so spricht der Oesterreicher vom Cardinal von Bouillon. Ueber die Italienischen Territorialverhältnisse kommen sie eher überein; mit grösster Zähigkeit wird aber über die Fragen der Catalanen und der Fürstin Orsini discutirt. Beide Unterhändler wissen, dass sie da endlich nachgeben dürfen und nachgeben müssen, aber sie halten zähe aus. Villars, weil er weiss, dass die Ausstattung der Orsini seiner Gönnerin Maintenon am Herzen liegt, Prinz Eugen, weil er die Zuneigung seines Monarchen zu den allzu getreuen Spanischen Unterthanen kennt. Dazu kommt noch die neue Forderung von Germersheim, die der Prinz als abermalige Ueberschreitung früher gemachter Vorschläge brandmarkt, während der Marschall im Sinne der erhaltenen Befehle diesen Widerstand für Spiegelfechterei hält: der Kurfürst hätte kaum solches Anerbieten gethan ohne Zustimmung des Kaisers, meinte man in Paris[2]. Wie wir wissen, ein entschiedener Irrthum.

  1. Referat über die Conferenz vom 9. Januar 1714; Conf.-Prot. vom 12. Jan.
  2. Courcy II, 168.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 282. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_08_295.jpg&oldid=- (Version vom 9.3.2023)