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Am 6. Nov., 74 J. alt, der Benedictinerpater Paul Piolin, Mitarbeiter des Polyb. und anderer histor. Zeitschriften katholischer Richtung. Er war an der Herausgabe der Gallia christiana betheiligt; unter seinen sonstigen kirchen- und localhistor. Arbeiten ragt hervor: Hist. de l’église du Mans (6 vol. 1851–63).

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Am 2. Oct. in Paris, 69 J. alt, der berühmte Schriftsteller, Sprachforscher und Historiker Ernest Renan. In der Ausbildung für den geistlichen Stand begriffen, hatte R. dieser Laufbahn 1846 entsagt, 1847 u. 1848 ein paar von der Akademie gekrönte Abhandlungen geschrieben und seinen wissenschaftlichen Ruf durch die Hist. générale des langues sémitiques (Bd. I. 1854) und das vortreffl. Werk über Averroës et l’Averroisme (1852) fest begründet. Zum Prof. des Hebräischen am Collège de France berufen, wurde er weltberühmt durch seine Vie de Jésus (1863, in vielen Auflagen erschienen und in alle bedeutenderen Sprachen übersetzt). Das Buch kostete ihn seine Professur, die ihm erst 1871 wieder verliehen wurde. R. wandte sich nun umfassenderen histor. Studien zu. Die beiden Entwicklungsreihen, in die sein Leben Jesu gestellt werden will, die Anfänge des Christenthums und die Geschichte des Jüdischen Volkes, wurden in zwei grossen Werken behandelt: Histoire des origines du christianisme (7 Bde. 1869–82; z. Th. auch ins Dt. übersetzt) und Hist. du peuple d’Israel (Bd. 1–3; 1887–91; die beiden letzten Bände waren beim Tode des Verf. im Druck). Von seinen zahlreichen anderen Schriften seien nur noch die Memoirenwerke „Souvenirs d’enfance et de la jeunesse“ (1883, auch in Dt. Uebers.) und die „Feuilles détachées“ (1892) genannt. R.’s grosse Bedeutung für das Französ. Geistesleben beruhte in erster Linie darauf, dass er ein glänzender, echt Französischer Schriftsteller war; als Historiker wird er nicht ganz so hoch gestellt werden dürfen. Vielleicht darf man sagen, dass seine Geschichtswerke z. Th. etwas an die Thesenstücke der Französ. Dramatik erinnern. Wir Deutsche aber, die wir gegen schriftstellerische Eigenschaften wie die R.’s vielfach ein zu weitgehendes Misstrauen haben, dürfen darüber nicht vergessen, wie viel ernste Forschung und eine wie bedeutende Auffassung die glänzende Form in sich birgt – Vgl. die Nekrologe AZtg ’93. Nr. 2–3 (von L. Horst), Dt. Rs. 74, 17–34 (O. Pfleiderer), R. des 2 mondes 114, 445–62 (E. M. de Vogüé), Corresp. 169, 198–227 (d’Hulst), Academy Nr. 1066 (J. Jacobs) u. Ath. Nr. 3389.

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Am 20. Oct. in Paris, 71 J. alt, der Akademiker Camille Rousset, Archivar und Bibliothekar des Kriegsministeriums. Seine wissenschaftlichen Werke gründen sich hauptsächlich auf Materialien aus dem Archiv des genannten Ministeriums; es sind hervorzuheben: Hist. de Louvois (4 vol. 1862–63), Le comte de Gisors 1732–58 (1868), La grande armée de 1813 (1871), Hist. de la guerre de Crimée (2 vol. 1877), Hist. de la conquête de l’Algérie (3 vol. 1879–81), Les commencements d’une conquête: Algérie 1830–40 (2 vol. 1887). Sein Buch über „Les volontaires de 1791–94“ (1870), worin er den geringen Werth der Freiwilligen-Heere der Revolutionszeit behauptet, erschien 1875 in Dt. Uebertragung mit einer Rede Moltke’s. Er edirte auch die Correspondance de Louis XV. et du maréchal de Noailles (2 vol. 1865) und zuletzt, 1892, die Souvenirs du maréchal Macdonald.

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Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 363. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_08_376.jpg&oldid=- (Version vom 4.3.2023)