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über diese Zeit nur zu oft begegnet. Stimmen die Urkunden nicht nach Wunsch, so wird in ihnen ein Hinterhalt gesucht.

So soll auch B bestimmt gewesen sein, „den Verdacht Sigmund’s einzuschläfern“; man machte die Urkunde, um ihm vorzuspiegeln, dies sei der rechte Binger Vertrag (S. 218). Jedenfalls war das nach kaum sechs Monaten ein jäher Umschwung der muthigen Verschwörer. Und wo ist der Beweis, dass Sigmund nicht bereits die Urkunde A kannte? H. beruft sich darauf, dass der Brandenburger eine mildere Sprache dem Könige gegenüber vorschlug, d. h. er wünscht eine andere Fassung der Sätze, welche der kurfürstliche Gesandte dem Könige über „den Christenglauben und die Ketzer“ vortragen sollte. Gemeint können damit nur sein die Vorstellungen, welche nach dem ersten Entwurf (RTA VIII Nr. 303, Art. 7 u. 8) Sigmund über seine Stellung zu Böhmen gemacht werden sollten, und die er mit Recht zurückweisen konnte, um so mehr, da Prinz Korybut nach Böhmen zurückgekehrt und dadurch den Kurfürsten ihr Concept arg gestört worden war.

Ganz neu ist die Rolle, die H. dem Mainzer Erzbischof Otto zuschreibt. Ich weiss nicht, woher er die Berechtigung nimmt, den Mainzer Erzbischof zu einem „ränkevollen“, „schlauen“ Intriguanten zu stempeln und ihn seinem erbärmlichen Vorgänger Johann gleichzustellen (S. 217). Das wäre Otto gewesen, wenn wirklich B den von H. angenommenen Sinn hätte, aber das soll doch erst bewiesen werden. Dass in B dem Erzbischof ein Einberufungsrecht in Reichs- und Kirchensachen ertheilt wird, war ganz natürlich, da er der dazu am ehesten Berufene war und doch auch die anderen Kurfürsten desshalb nicht das Recht einbüssten, einen solchen Tag zu verlangen; für die inneren Angelegenheiten konnte auch jeder „Gemeiner“ ohne weiteres einen Tag ausschreiben. Frankfurt und Aschaffenburg, wo die Zusammenkünfte stattfinden sollten, lagen den vier Rheinischen Kurfürsten gleich bequem. Ich bemerkte früher nur, dass 1424 der Pfälzer diesen Vorrang von Mainz wahrscheinlich nicht geduldet haben würde, weil da eben erst der Streit um den Reichsvicariat stattgefunden hatte.

Ich vermisse bei H. eine Berücksichtigung so mancher Gründe, welche ich für meine Ansicht vorgebracht habe. Für mich war der Angelpunkt der ganzen Untersuchung, der mich zuerst auf den Gedanken gebracht hat, B könne nicht 1424 verfasst sein, der Umstand, dass der erste Artikel über Böhmen anders lautet als in A. Darauf geht H. mit keinem Worte ein, aber ich möchte wissen, wie er erklären kann, dass die Kurfürsten schon im Juli 1424 für gut fanden, den Hinweis auf ihre verunglückten Züge gegen Böhmen zu unterdrücken.

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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 121. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_09_121.jpg&oldid=- (Version vom 9.5.2023)