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Hand einer echten Urkunde aus ungefähr derselben Zeit vorgenommen worden sein.

So unzweifelhaft ist also die Echtheit der Urkunde keineswegs; andererseits gehe ich zunächst nicht so weit, die Urkunde für unzweifelhaft unecht zu erklären.

Hier wäre noch eine besondere Untersuchung nothwendig. Erst dann, wenn es wirklich gelingen sollte, die vorgebrachten Zweifel zu zerstreuen und andere, zuverlässige Stützen für die Echtheit der Urkunde von Siponto beizubringen, wäre es zulässig, sie zum Ausgangspunkte weiterer Folgerungen zu machen; wenn eine ganze Theorie darauf erbaut werden soll, muss das Fundament wenigstens gesichert sein.

Auf einen Punkt möchte ich endlich noch aufmerksam machen. Nehmen wir einmal an, die Urkunde sei echt und rede wirklich von Consuln. Was wäre damit für die vorausgesetzte Byzantinische Einwirkung gewonnen? Was hat diese Urkunde Byzantinisches an sich? Auf das allerstrengste bewegt sie sich mit ihrem Launahild, Waid, der traditio per fustem in den Formen rein Germanischen Rechts; und wenn sie den regierenden Kaiser von Byzanz an der Spitze nennt (worauf sich das Byzantinische Element der Urkunde beschränkt), so geht sie in der Festhaltung Germanischer Formeln so weit, dass sie die gegebenen Falls an den Fiscus zu erlegende Geldbusse „in curte Regis“ abführen lässt.

Gewiss sind die Byzantinischen Einflüsse für die erste Entwicklung der Cultur Italiens, auf Gebieten wie Handel, Schifffahrt, Kunst nicht zu unterschätzen. Nur eine Anregung zu freiheitlichen Institutionen war aus dem Machtbereich der Byzantinischen Herrschaft schwerlich zu holen. Der Consultitel, wie er als besonderer Schmuck mächtiger Persönlichkeiten in Rom und Unteritalien im 9., 10., 11. Jahrhundert mehrfach begegnet, konnte eine solche Anregung nicht bieten. Einer solchen bedurfte es auch gar nicht. Die unmittelbare Anknüpfung an das antike Vorbild lag viel näher. Die erste Erwähnung städtischer Consuln liegt bekanntlich in einem zeitgenössischen Gedichte vor, das den Sieg der Pisaner und ihrer Verbündeten auf Afrikanischem Boden bei der Einnahme von El-Mehdia im Jahre 1087 verherrlicht[1]. Man braucht nur dieses ungelenke, aber doch von

  1. Carmen in victoriam Pisanorum etc. de Timino bei Ed. Du Méril, Poésies populaires latines, Paris 1847, p. 243. Vgl. W. Heyd, Geschichte
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 235. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_09_235.jpg&oldid=- (Version vom 29.3.2023)